Kirchen rufen an Ostern zu mehr sozialer Gerechtigkeit auf
Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben an Ostern zu mehr sozialer Gerechtigkeit aufgerufen. Gott bringe Gerechtigkeit in eine Welt, "in der Arme von Reichen unterdrückt und ausgebeutet werden", erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, am Sonntag in Düsseldorf. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, mahnte, Christen sollten zeigen, dass das Leben einen Sinn hat, der über "Konsum und materiellen Wohlstand hinausweist".

Christen sollten "Sauerteig der Aufrichtigkeit" in einer Gesellschaft sein, die ihr Gelingen am "Auf und Ab der Börsenkurse misst, die meint, Karriere, Wirtschaftsaufschwung und Gewinn seien alles", fügte Zollitsch hinzu. Der Erzbischof ermutigte zudem zu mehr Zivilcourage: "Es muss uns nachdenklich stimmen, wenn manche Zeitgenossen im Schutz der Anonymität Meinungsfreiheit im Internet als Freibrief für Hetze, Diffamierung und Mobbing missverstehen".

Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider sagte in der Düsseldorfer Johanneskirche: "Die Auferweckung Christi ruft uns in die Verantwortung, so dass auch hier und jetzt schon die Armen und Bedrängten aus dem Staub aufgerichtet werden." Die Gerechtigkeit Gottes diene nicht nur dem Seelenheil des Einzelnen, sondern solle sichtbar und erfahrbar werden im Zusammenleben der Menschen. Die Osterfreude müsse auch den Blick für die Not der anderen schärfen.

"Die Ärmel hochkrempeln"

Der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki äußerte sich besorgt über die wachsenden sozialen Unterschiede in der Gesellschaft. Gerade in Berlin werde sehr deutlich, "dass die soziale Schere zwischen Reich und Arm in unserer Gesellschaft weiter auseinanderzugehen droht", sagte der Kardinal am Sonntag im Deutschlandfunk.

Die westfälische Präses Annette Kurschus rief die Christen auf, die Osterbotschaft durch soziales Handeln in die Welt zu tragen. "Wenn ich die Osterbotschaft ernst nehme, kommt das ganze sozialpolitische und diakonische Programm unserer Kirchen in den Blick", sagte die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen im WDR. "Dann kann ich gar nicht mehr anders als mir die Ärmel hochkrempeln und da tätig werden."

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner nannte die Auferstehung Christi, die an Ostern gefeiert wird, den Anfang eines neuen Lebens, das erst am Jüngsten Tag in der Auferstehung der Toten zur Vollendung komme. Ohne diese Osterhoffnung könne kein Mensch wirklich leben, betonte der Erzbischof im Kölner Dom. "Was der Sauerstoff für die Lunge ist, das bedeutet Ostern für die menschliche Existenz."

Warnung vor Sorglosigkeit

Sachsens Landesbischof Jochen Bohl sieht in Gegenwartsfixierung und Sorglosigkeit gegenüber der Zukunft wachsende Risiken. "Der Augenblick ist das Maß, nicht die Vergangenheit, nicht die Zukunft", kritisierte der evangelische Bischof am Ostersonntag in der Leipziger Thomaskirche, die in diesem Jahr mit dem Thomanerchor das 800-jährige Jubiläum feiert. Bohl hob deren Beständigkeit über Jahrhunderte hervor.

Der Glaube an die Auferstehung kann nach den Worten des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung Menschen verändern. Es sei ein Unterschied, ob ein Mensch mit einer Hoffnung lebe, die über den Tod hinausweise, oder nicht, sagte Jung in seiner Osterpredigt am Sonntag in Frankfurt am Main. Auch im täglichen Leben könne der Mensch Auferstehungserlebnisse haben.

epd