Hoffnung auf Waffenruhe in Syrien geplatzt
Alles nur ein großes Missverständnis? Das syrische Regime will von einer Waffenruhe nichts mehr wissen. Das Morden geht weiter. Bilder von angeblichen Massenhinrichtungen sorgen für Entsetzen.

In Syrien sind die ohnehin geringen Hoffnungen auf eine bevorstehende Waffenruhe zerplatzt. Zwei Tage vor Beginn einer vereinbarten Feuerpause stellte das Regime von Präsident Baschar al-Assad sowohl die Vereinbarung als auch den Zeitplan infrage. Ein Sprecher des Außenministeriums verlangte am Sonntag schriftliche Garantien des UN-Sondergesandten Kofi Annan. Demnach sollen auch die als "bewaffnete Terror-Gruppen" bezeichneten Oppositionskräfte die Gewalt in jeder Form beenden. Die Armee-Offensive in den Oppositionshochburgen dauerte an.

Aktivisten stellten am Wochenende Videos von angeblichen Massenhinrichtungen ins Internet. Auf den Bildern sind unter anderem 13 Leichen zu sehen, die vor einer Schule im Stadtteil Deir Balba in der Rebellenhochburg Homs liegen. Die Männer sind gefesselt, ihre Augen verbunden. Alles deutet darauf hin, dass sie hingerichtet worden sind. Die Einschüsse sind an der Mauer deutlich zu sehen. Wegen der Medienblockade sind Meldungen aus Syrien von unabhängiger Seite nur schwer zu überprüfen.

Kofi Annan ist geschockt

Der UN-Sondergesandte Annan reagierte "schockiert" auf die jüngsten Berichte aus Syrien. In einer Erklärung, die die Vereinten Nationen am Sonntag in seinem Namen verbreiteten, mahnt Annan das Regime von Präsident Assa, sich an seine Versprechen zu halten. Auf die jüngste Ankündigung aus Damaskus, die Waffenruhe an neue Bedingungen zu knüpfen, ging der Sondergesandte der Vereinten Nationen (UN) und der Afrikanischen Union (AU) nicht ein.

Oppositionelle forderten Annan zum Handeln auf. Annan müsse sofort ein Büro in Damaskus zu eröffnen, um eine Waffenruhe überhaupt überwachen zu können, betonte der politische Aktivist Luaj Hussein. Bislang sei dessen Vorgehen in dem Konflikt zu langsam gewesen. In der Erklärung der syrischen Staatsführung hieß es, die Rebellen müssten ihre Waffen landesweit übergeben. Ferner müsse der syrischen Führung garantiert werden, dass Katar, Saudi-Arabien und die Türkei die Opposition nicht mehr mit Geld und Waffen unterstützten.

Es sei eine falsche Interpretation, dass Syrien bestätigt habe, seine Truppen am 10. April aus Städten und deren Umgebung abzuziehen, hieß es weiter. Als Begründung für die neuen Forderungen führte der Ministeriumssprecher an, die Regierung wolle verhindern, dass sich die Rebellen während einer Waffenruhe neu organisieren, bewaffnen und ganze Nachbarschaften unter ihre Kontrolle bringen können.

Truppen stürmen Oppositionshochburg

In den Unruheprovinzen ging das Regime weiter mit einem massiven Militäraufgebot gegen die Rebellen vor. Regierungstruppen hätten mit Unterstützung von Kampfhubschraubern Gebiete in der Unruheprovinz Idlib gestürmt, berichtete die Syrische Beobachtungsgruppe für Menschenrechte. Die Region an der Grenze zur Türkei ist auch eine Hochburg der Freien Syrischen Armee der Deserteure. Diese liefert sich seit Monaten massive Gefechte mit regimetreuen Soldaten.

In Rom ging Papst Benedikt XVI. in seiner Osterbotschaft auch auf den seit 13 Monaten andauernden Konflikt ein, bei dem nach UN-Schätzungen mehr als 9000 Menschen ums Leben kamen. «Besonders in Syrien sollte das Blutvergießen enden und unverzüglich der Weg der Achtung, des Dialogs und der Versöhnung eingeschlagen werden», forderte Benedikt. Die vielen syrischen Flüchtlinge bräuchten humanitäre Hilfe, Aufnahme und Solidarität, um ihre Leiden zu mindern.

dpa