Kirchenbrand in Thüringen: Ein Dorf verliert sein Gesicht
Der Schock sitzt tief: Durch den Großbrand auf der Kirchenburg von Walldorf hat die kleine Südthüringer Gemeinde kurz vor Ostern ihr markantes Gesicht verloren. Doch neben großer Betroffenheit gibt es auch Zuversicht.
04.04.2012
Von Thomas Bickelhaupt

Die Betroffenheit der Südthüringer Regionalbischöfin Marita Krüger ist nicht zu überhören: "Sie war eine unserer schönsten Kirchen", sagt die Pröpstin am Morgen nach der Brandkatastrophe auf der Kirchenburg in Walldorf. Die evangelische Kirche aus dem 17. Jahrhundert wurde binnen weniger Stunden ein Opfer des Großfeuers. Meterhohe Flammen machten aus der weithin sichtbaren Landmarke im Werratal eine Ruine. Vom Kirchenschiff stehen am Mittwoch nur noch die Außenmauern. Weitgehend zerstört ist auch die Turmhaube.

Am Tag nach der Katastrophe bestimmen in dem kleinen Ort nördlich von Meiningen Brandermittler und Statiker das Geschehen. Während sie nach Ursachen für den Großbrand suchen, machen im Dorf unterschiedliche Vermutungen die Runde. Von einem defekten Stromkabel zur Orgel ist die Rede, aber auch von einem Kurzschluss in der elektrischen Heizungsanlage. Insgesamt aber dominiert unter den rund 2.000 Einwohnern neben großer Betroffenheit kurz vor Ostern auch der Wunsch, die entstandene schmerzliche Wunde im vertrauten Ortsbild so bald wie möglich wieder zu beseitigen.

Denn für die Menschen in der Region bedeutet die Brandkatastrophe den Verlust eines markanten Zeichens von mehr als tausend Jahren Geschichte im Werratal. Sie beginnt lange vor dem Ausbau von Walldorf zur nördlichsten Grenzbastion des Bistums Würzburg Anfang des 11. Jahrhunderts. Als bischöfliche Festung erhielt die alte fränkische Wehranlage zunächst eine romanische Kapelle und 1587 eine erste Kirche.

Die Sanierung war das Lebenswerk des Pfarrers

Sie wurde zum zentralen Gebäude einer Kirchenburg, deren Ringmauern wie auch in vielen anderen Orten der Dorfbevölkerung bei Kriegen und bewaffneten Fehden Schutz und Zuflucht bieten sollten. Angesichts der rund 5.000 kriegerischen Auseinandersetzungen im Mittelalter war die Gefährdung der Dorfbewohner auch in der damaligen Thüringer Grenzregion an der Werra durchaus real.

Nach der Zerstörung der Kirche 1634 wurde auf dem Burgberg zwischen 1648 und 1651 ein neues Kirchengebäude errichtet, das nunmehr als ausgebrannte Ruine über der Gemeinde thront. Für Pfarrer Heinrich Freiherr von Berlepsch waren die Sanierungsarbeiten der zurückliegenden 20 Jahre so etwas wie ein Lebenswerk. Als nächstes sollte die Orgel mit dem prächtigen barocken Orgelprospekt saniert werden.

Unmittelbar nach der Entdeckung des Brandes am späten Dienstagnachmittag hatte der Gemeindepfarrer noch zusammen mit anderen Anwohnern versucht, die Flammen zu ersticken - vergeblich. Dennoch gibt es trotz des Schocks unmittelbar nach der Katastrophe auch Zuversicht. Zu den Gottesdiensten an Ostern gehören am Montag auch vier Taufen. Die Gemeinde wird sich dazu wohl in einem Nachbarort treffen.

Obwohl noch niemand Genaueres sagen kann, geht die Meininger Pröpstin Krüger zumindest grundsätzlich von einem Wiederaufbau der zerstörten Kirche aus. Doch zugleich betont die Regionalbischöfin, dass es für Einzelheiten wie Finanzierung und Zeitabläufe "freilich noch viel zu früh" sei. Der Landkreis Schmalkalden-Meiningen verbindet seine Hilfszusage für Walldorf mit der Hoffnung auf Unterstützung durch den Freistaat und den Bund.
 

epd