Wer Gott sucht, der geht in die Kirche? Das war einmal. Im Internetzeitalter liegt nicht nur die Lieblingsmusik, der richtige Lebenspartner oder der neue Gemüsehobel einen Mausklick entfernt, sondern auch der Allmächtige. Und das ist nun auch ganz offiziell: "Der Heilige Geist weht auch im Internet", sagt der katholische Pfarrer Dietmar Heeg - und lud am Sonntag um 17.00 Uhr zu dem nach Kirchenangaben ersten deutschen Facebook-Gottesdienst.
Katholischer Gottesdienst, das klingt nach Weihrauch, etwas Latein und religiösem Singsang. Doch nicht dieser: "Interaktiv und multimedial" solle die Andacht sein, sagte Pfarrer Heeg, der für die Deutsche Bischofskonferenz die Privatsender RTL, ProSieben und Sat.1 betreut. Er rief seine Gemeinde, nein: seine "Community" dazu auf, per Twitter und Facebook ihre Anregungen und Fragen während des Gottesdienstes zu posten. Sie sollten unmittelbar in die Predigt eingebaut werden.
Gelungene Premiere - trotz technischer Aussetzer
Vielleicht verfolgten zu viele Zuschauer die 25-minütige Andacht aus dem Kölner Maternushaus, möglicherweise wehte der Heilige Geist auch einfach zu heftig durchs Internet - jedenfalls riss die Übertragung des Gottesdienstes mehrfach ab, und die Community der Gläubigen musste auf die liturgische Leitung verzichten.
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Dabei darf man dem Lieben Gott auch eine gesunde Portion Humor unterstellen: Kaum war Pfarrer Heeg im "Vater Unser" bei den Worten "Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns" angelangt, verwandelte sich der Live-Stream abermals in ein Standbild.
Lief der Stream, so versorgte Heegs Assistentin Sarah Schortemeyer ihn regelmäßig per iPad mit frischen Updates aus der Community. Diese freute sich beispielsweise über "Verzeihung" als Thema der Predigt, postete dutzendfach "Amen" am Gebetsende oder wollte wissen, was denn jetzt Gott mit Fußball zu tun habe. Zuvor hatte Heeg die biblische Parallele von Jesus zu Nationaltorwart Manuel Neuer geschlagen, der nach seinem Wechsel von Schalke 04 zu Bayern München von vielen Fans "verbal gekreuzigt" worden sei.
"Priorität hat immer noch Face-to-Face"
Ob diese multimediale Form des Gottesdienstes eine Zukunft hat, darauf wollte sich Pfarrer Heeg nicht festlegen. Er könne sich vorstellen, das Angebot bei positiver Resonanz an großen kirchlichen Feiertagen zu wiederholen. Viele User hielten den Facebook-Gottesdienst in ihren Kommentaren jedenfalls für eine "interessante Idee", an deren technischer Umsetzung noch gefeilt werden sollte.
Gottesdienste im Internet könnten jedoch nie den echten Kirchgang ersetzen, fügte Heeg hinzu. Für wahren Kontakt zwischen Pfarrer und Gemeinde brauche es das persönliche Gegenüber - das sehe er ganz klassisch: "Priorität hat immer noch Face-to-Face."