Liebesgrüße von Haifa nach Teheran
In Israel wächst der Widerstand gegen einen möglichen Angriff auf den Iran. Rund ein Drittel der Bevölkerung ist gegen einen Militärschlag. Friedensaktivisten rufen im Internet zum Protest auf - und schicken Friedensgrüße via Facebook in den Iran.
28.03.2012
Von Susanne Knaul

Ein junges Ehepaar hatte die Kampagne im Internet gestartet. Vor knapp zwei Wochen posteten Ronny Edri und seine Frau Michal Tamir ein Bild von Edri und der gemeinsamen Tochter auf Facebook. "Iranians - we love you", ist die Botschaft auf der Facebook-Seite "Israel loves Iran". Tausende Israelis klickten daraufhin den "gefällt mir"-Button in dem sozialen Netzwerk und distanzierten sich so von der Regierung in Jerusalem, die in jüngster Zeit vom Krieg spricht. Schon kommen die ersten Rückmeldungen begeisterter iranischer Facebook-Nutzer.

"Iraner - wir werden niemals Euer Land angreifen", steht auf einem rosa Plakat mit blauem Herzen in der Mitte. Edri gibt zu, dass das Poster nicht besonders geistreich sei. Das Fantastische sei allerdings, das mit so wenig schon so viel erreicht werden könne, sagt er. Das "bisschen Herz und ein bisschen Liebe", wie er sagt, haben zahlreiche Iraner umgekehrt dazu motiviert, ihre Zuneigung zu den Israelis zu formulieren.

"Wir wollen nicht Eure Feinde sein"

"We Iranians love you too", heißt es in einer Nachricht auf Facebook. "Wir wollen nicht Eure Feinde sein", schreibt ein anderer auf der Internetseite. Die Kampagne verbreitete sich "wie die Wolke einer Atombombe", lautete der etwas dickfellige Kommentar eines Reporters der öffentlichen Fernsehnachrichten.

Schenkt man den Politikern in Jerusalem Gehör, rückt ein Präventivschlag gegen die iranischen Atomforschungsanlagen immer näher. "Wir haben die Diplomatie abgewartet und die Sanktionen", sagte Regierungschef Benjamin Netanjahu unlängst, nun "kann es sich keiner von uns erlauben, noch viel länger zu warten".

Gegenüber der US-amerikanischen Lobby-Organisation AIPAC (deutsch: "Amerikanisch-israelischer Ausschuss für öffentliche Angelegenheiten) wählte Netanjahu einen drastischen Vergleich: Er erinnerte an Auschwitz und daran, dass die USA trotz des Drängens des Jüdischen Weltkongresses die Zufahrtsgleise zum Konzentrationslager nicht bombardiert hatten. Doch "2012 ist nicht 1944", räumte Netanjahu ein. "Heute haben die Juden einen Staat." Seine größte Verantwortung sei es, sicherzustellen, "dass Israel Herr über sein eigenes Schicksal bleibt".

Während die israelischen Medien offen die Aussicht auf Erfolg diskutieren, gilt der ehemalige Mossad-Chef, Meir Dagan, als schärfster Kritiker eines Militärschlages. Dagan spricht unverblümt von einer "Wahnsinnsidee". Darüber hinaus deuten Umfragen von Anfang März auf zunehmendes Zögern in der israelischen Öffentlichkeit. Nur rund 40 Prozent der Befragten befürworten demnach eine konzertierte Aktion zusammen mit den USA, jedoch keinen israelischen Alleingang. 32 Prozent lehnen einen Angriff grundsätzlich ab.

Nicht die Raketen sprechen lassen

Nur wenige der Kriegsgegner haben sich allerdings bislang Gehör verschafft. Einige Hundert waren am Samstag einem Protestaufruf gefolgt. "Von Teheran bis Haifa - wir wollen keinen weiteren Krieg", riefen sie bei der Kundgebung in Tel Aviv. "Mit Worten reden, nicht mit Raketen", stand auf den Plakaten und: "Geld für die Wohlfahrt, nicht für Rüstung." Ein Krieg habe nichts mit den beiden Völkern zu tun, sagen sie, sondern sei allein Angelegenheit der Regierungen der beiden Staaten.

Initiiert hatte die Demonstration Tzvika Bassor, der ebenfalls via Facebook Kriegsgegner mobilisiert. Dabei verfolgt er eine deutlich aggressivere Linie als Edri und Tamir: Er spricht von einer "Achse des Bösen" und schlägt - frei nach Ex-US-Präsident George W. Bush - den Bogen von Teheran diesmal nicht nach Damaskus, sondern nach Jerusalem. "Fuck you, Mr. Ahmedinejahu", schreibt er und meint damit beide, den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und Israels Premier Netanjahu. Auf seiner Facebook-Seite vereint Bassor die beiden Erzfeinde per Fotomontage zum innigen Kuss.

"Etwas mehr als Tausend sind nicht viel", kommentierte Bassor im Anschluss an die Demonstration auf seiner Facebook-Seite. "Aber wir haben etwas in Gang gesetzt und es gibt noch viele Möglichkeiten." Solange es nötig sei, werde er wieder und wieder zum Protest gegen einen Krieg aufrufen, kündigte er an.

epd