Schmude gegen staatlichen Einfluss auf Islam-Unterricht
Der frühere SPD-Bundesminister Jürgen Schmude hat mit Blick auf die geplante Einführung des islamischen Religionsunterrichts vor einer dauerhaften Gestaltung durch den Staat gewarnt.
21.03.2012
Von Barbara Schneider

"Die inhaltliche Verantwortung beim Religionsunterricht hat nach dem Grundgesetz die Religionsgemeinschaft und nicht der Staat", sagte Schmude in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auf der ersten Integrationsministerkonferenz ab diesen Mittwoch in Saarlouis wird auch der islamische Religionsunterricht Thema sein.

In mehreren Bundesländern laufen derzeit die Vorbereitungen für die Einführung des islamischen Religionsunterrichtes als ordentliches Lehrfach. Als erstes Bundesland will Nordrhein-Westfalen im Schuljahr 2012/2013 mit dem Unterrichtsfach starten. Da es für den Islam, anders als bei den Kirchen, keinen offiziellen Ansprechpartner für den Staat gibt, wurde ein Beirat aus Verbandsvertretern und Einzelpersonen berufen.

"Dauerhaft entspricht die Beiratslösung nicht dem Grundgesetz"

Schmude bezeichnete die Einrichtung von Beiräten als allenfalls vorläufige Lösung. Problematisch sei es, wenn der Staat auf Dauer die Inhalte des Religionsunterrichtes bestimme. "Dauerhaft entspricht die Beiratslösung nicht dem Grundgesetz," sagte der ehemalige Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Nach Artikel sieben des Grundgesetzes wird Religionsunterricht in Deutschland in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der jeweiligen Religionsgemeinschaft erteilt. Für einen dauerhaften islamischen Religionsunterricht müsse daher eine Bekenntnisgemeinschaft gegründet werden, sagte Schmude.

Zugleich sieht Schmude, der in seiner politischen Karriere mehrere Ministerämter, darunter auch das Amt des Bundesbildungsministers, inne hatte, in den Beiräten jedoch auch eine Chance auf dem Weg zur Bildung islamischer Religionsgemeinschaften. Die gemeinsame Arbeit an den Inhalten für einen islamischen Religionsunterricht könne dazu führen, dass sich eine Bekenntnisgemeinschaft entwickle, sagte er. Die muslimischen Verbände müssten sich "endlich aufrappeln, das was überfällig ist, zu tun".

Beiräte nur als "begrenzte Versuchsphase"

Schmude ergänzte: "Es muss keine Utopie sein, wenn Nordrhein-Westfalen den Religionsunterricht in vorgesehener Weise einführt." Zugleich müsse jedoch klar sein, dass es sich bei den Beiräten nur um eine "begrenzte Versuchsphase" handelt. In Nordrhein-Westfalen sei diese Phase bis 2019 begrenzt.

Zuletzt hatte Hessens Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) den Vorstoß Nordrhein-Westfalens zur Einführung des islamischen Religionsunterrichtes als "verfassungswidrig" verurteilt. Nordrhein-Westfalen verletze durch die Berufung des Beirates die staatliche Neutralität, sagte ein hessischer Ministeriumssprecher: "Der Staat wird zum Lenker des Islam, weil er so Lehrpläne mitbestimmt." Hahn hatte daher angekündigt, auf der Integrationsministerkonferenz in Saarlouis den islamischen Religionsunterricht zum Thema zu machen und einen entsprechenden Antrag einzubringen.

epd