Gauck ruft zu Mut auf - "Angst macht ein enges Herz"
Der designierte Bundespräsident Joachim Gauck hat die Deutschen zu Optimismus und Mut aufgerufen. Neue Entwicklungen und Freiheitsräume führten immer zu Hoffnungen, aber auch zum Aufkeimen von Ängsten, "die uns manchmal auch flüchten lassen", sagte Gauck am Freitag in einem Grußwort an die Synode der mecklenburgische Landeskirche in Plau am See.

Angst und Furcht seien menschlich, würden aber nicht weiterhelfen, sagte Gauck. "Angst macht kleine Augen und ein enges Herz", sagte der 72-Jährige, der am Sonntag von der Bundesversammlung zum elften Bundespräsidenten gewählt werden soll.

Der langjährige Rostocker Pastor erinnerte an die friedliche Revolution von 1989 in der DDR. Damals habe man gemerkt, dass sich Angst überwinden lasse. Die Ereignisse von damals seien eine Absage an die Furcht gewesen, betonte das designierte Staatsoberhaupt vor den 55 mecklenburgischen Kirchenparlamentariern. Über "Kultur, Kirche und Zivilgesellschaft" müssten die Menschen trainieren, sich nicht von Angst leiten zu lassen, fügte er hinzu.

Nicht "everybody's darling"

Indirekt ging Gauck auch auf Kritik an angeblich bisher fehlenden Aussagen zu sozialer Gerechtigkeit ein. Für ihn sei die Freiheit das zentrale Thema, unterstrich er. Allerdings leite sich daraus für ihn Verantwortung in allen gesellschaftlichen Bereichen ab. Der frühere DDR-Bürgerrechtler und Theologe verteidigte zugleich seinen beruflichen und persönlichen Werdegang gegen Kritik: "Ich habe mein Leben nicht so angelegt, dass ich everybodys darling werde." Er sei Konflikten nicht aus dem Weg gegangen und habe immer deutliche Worte gesagt.

Gauck rechnet am Sonntag in der Bundesversammlung nicht mit allen Stimmen von Union, SPD, Grünen und FDP. Es sei ihm bewusst, dass es "ein gewisses Grummeln in manchen Milieus" gebe, sagte er am Rande der Synode. Manche Aussagen von ihm aus der Vergangenheit hätten Irritationen ausgelöst, besonders wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen worden seien.

Die Zeit als Pastor in Rostock sei eine "wesentliche Zeit" gewesen, die ihn ganz besonders geprägt habe, sagte Gauck, mehr als die Zeit, als er "berühmt oder bekannt" wurde. Das wichtigste für ihn sei gewesen, die dortige Gemeinde aufzubauen und diese unter den Bedingungen einer Diktatur zu gestalten. Erfahrungen aus dieser Zeit nehme er auch in sein neues Amt als Bundespräsident mit.

Große Hoffnungen in den neuen Präsidenten

Einer Umfrage zufolge setzt die Mehrheit der Deutschen Hoffnungen auf Gauck als Vermittler zwischen Bürgern und Politik. Nach der am Freitag in Köln veröffentlichten Umfrage des Instituts Infratest dimap im Auftrag der ARD denken 59 Prozent von 1.000 bundesweit Befragten, dass es dem neuen Präsidenten gelingen wird, wieder das Vertrauen der Bürger in die Politik zurückzugewinnen. 33 Prozent sind der Meinung, dass ihm dies nicht gelingen wird.

Gauck ist der gemeinsame Kandidat von Union, FDP, SPD und Grünen. Seine Wahl gilt angesichts der Mehrheitsverhältnisse als sicher. Als aussichtslos gilt dagegen die Kandidatur der als Nazi-Jägerin bekanntgewordenen Beate Klarsfeld. Sie wurde von der Linkspartei für die Wahl ins höchste Staatsamt nominiert.

epd