"Nicht mit mir, Liebling", 23. März, 20.15 Uhr im Ersten
Ein Hauch von Clinton weht durch die Geschichte. Als die Ehefrau eines Kleinstadtbürgermeisters ihren Mann und seine Pressesprecherin bei jener Tätigkeit erwischt, die einst das berühmte "Oval Office" im Weißen Haus zum "Oral Office" machten, hängt prompt weit mehr als bloß der Haussegen schief. Auch wenn es der Gatte noch nicht ahnt: Das flüchtige sexuelle Erlebnis ist der Anfang vom Ende einer vielversprechenden Karriere.
"Das Private ist politisch"
Der Sponti-Spruch "Das Private ist politisch" hatte einst zwar andere Hintergründe, aber er passt perfekt zu dieser Geschichte von Christoph Silber und Stefan Schaefer. Natürlich setzt Nina von der Heyden (Ursula Karven) ihren Mann Robert (Hans-Werner Meyer) erst mal vor die Tür, aber dann bringt ihr alter Freund Philipp (Henning Baum) sie auf die Idee, den Gatten dort zu treffen, wo’s jedem Politiker ihm am meisten weh tut: indem sie ihm seine Macht nimmt. Zuvor hatte er gegen die gemeinsame Vereinbarung und ohne vorherige Absprache öffentlich verkündet, für eine vierte Amtszeit zu kandidieren.
Die Idee, den Geschlechterkrieg als Kampf ums Rathaus aufzuziehen, ist durchaus originell; allerdings könnte die Handlung ruhig ein bisschen bissiger und die Inszenierung (Thomas Nennstiel) gern ein wenig flotter sein. Außerdem bleibt Jana Klinge als PR-Frau mit französischem Akzent etwas zu blass, um sich wirklich als Königsmacherin profilieren zu können. Aber Meyer ist eine gute Besetzung für den Bürgermeister, der gar nicht merkt, dass seine einstigen Visionen im Verlauf der langen Amtszeit auf der Strecke geblieben sind. So sorgfältig Buch und Regie die Charakterisierung des Politikers wie auch seiner ökologisch bewegten Ehefrau gelungen ist, so klischeehaft fällt manche Nebenfigur aus.
Roberts gräfliche Mutter (Gertraud Jesserer) zum Beispiel verkommt zur Karikatur einer dünkelhaften Adligen mit reaktionären Ansichten, und ein von Robert unterstütztes Bauvorhaben (Michael Brandner als Baulöwe) muss natürlich auf schwer kontaminiertem Untergrund stattfinden. Aber der Zweikampf des Ehepaares ist durchaus sehenswert, ebenso wie das hübsche Görlitz in der ostdeutschen Oberlausitz. Die Geschichte ist allerdings im fiktionalen Rosenberg angesiedelt; "Rosenkrieg in Rosenberg" klingt ja auch griffiger.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).