Internationales Strafgericht fällt erstes Urteil zu Kindersoldaten
Der frühere Rebellenführer Thomas Lubanga (51) ist vor dem Internationalen Strafgerichtshof wegen der Rekrutierung und dem Einsatz von Kindersoldaten im Kongo angeklagt. Am kommenden Mittwoch wird das Urteil erwartet. Es ist das erste Urteil eines internationalen Gerichts, das sich ausschließlich mit dem Thema Kindersoldaten befasst.
09.03.2012
Von Natalia Matter

Das erste Urteil in der Geschichte des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, das kommende Woche erwartet wird, ist nach den Worten der Juristin Leonie von Braun ein großer Meilenstein der internationalen Rechtsprechung. Für das Völkerstrafrecht sei der Abschluss des Prozesses gegen den kongolesischen Rebellenführer Thomas Lubanga so bedeutend, weil erstmals ein Urteil ausschließlich zum Thema Kindersoldaten gesprochen werde, sagte die Expertin für internationale Strafgerichtsbarkeit bei Amnesty International.

"Das Urteil wird deutlich zur Fortentwicklung der Rechtsprechung in dem Bereich beitragen", unterstrich die Juristin. Das sei deshalb so wichtig, weil in fast allen bewaffneten Konflikten der Welt Kinder eingesetzt würden. Lubanga (51) wird beschuldigt, 2002 und 2003 in der östlichen Krisenregion Ituri Hunderte Kinder unter 15 Jahren im Kampf gegen rivalisierende Milizen eingesetzt und als Sexsklaven missbraucht zu haben. Das Urteil wird für den 14. März erwartet, das Strafmaß folgt zu einem späteren Zeitpunkt.

Schuldspruch wäre eine Genugtuung für die Opfer und ein Signal für die Täter

Bahnbrechend sei der Prozess auch, weil erstmals in einem internationalen Verfahren die Opfer als Nebenkläger auftreten konnten, sagte Braun. Insgesamt 129 Opfer seien beteiligt worden. Im Falle eines Schuldspruches mache das Gericht deutlich, "dass das ein Kriegsverbrechen und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist und mit hohen Haftstrafen verbunden ist." Dies sei eine Genugtuung für die Opfer und ein Signal für die Täter: "Man kann durchaus auf einen Abschreckungseffekt hoffen."

Sollte Lubanga für schuldig befunden werden, steht den Opfern eine Entschädigung aus dem Opferfonds des Gerichts zu. Deren Höhe werden die Richter Braun zufolge zeitgleich mit dem Urteil verkünden. "Es wäre die Möglichkeit für die Opfer, sich eine neue Existenz aufzubauen und in der Aufarbeitung ihres Traumas Unterstützung zu erfahren."

Die Begrenzung auf das Thema Kindersoldaten steht in der Kritik

Der Abschluss des Prozesses, der 2009 begann, sei jedoch auch für den Strafgerichtshof selbst von großer Bedeutung. "Das Urteil wird zeigen, dass die Institution arbeitsfähig und leistungsfähig ist", sagte Braun. Insgesamt 14 Verfahren sind derzeit bei dem Gericht anhängig, zahlreiche Haftbefehle wurden erlassen. "Der Prozess war ein Lehrkapitel für den Strafgerichtshof." Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ist das erste ständige Weltgericht zur Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen.

Zwar sei die Begrenzung auf das Thema Kindersoldaten heftig kritisiert worden, weil die Rebellengruppe auch andere massive Menschenrechtsverbrechen begangen habe. "Die Anklage wollte aber ein Schlaglicht auf die Problematik von Kindersoldaten werfen, weil es ein prägendes Merkmal für das Verhalten der Rebellengruppe war", erläuterte Braun.

epd