Den Osterhasen gibt es - und er schreibt sogar Briefe
Die Fastenzeit hat eben erst begonnen, ganz Deutschland ist osterhasenfreie Zone. Ganz Deutschland? Nein! Hanni Hase in Ostereistedt erhält seit 30 Jahren bunt geschmückte Wunschzettel von Kindern aus aller Welt. Lena zum Beispiel ist sechs Jahre und fragt neugierig: "Wohnst Du weit weg vom Christkind?" Ein Besuch.
02.03.2012
Von Dieter Sell

Der Osterhase lebt wirklich, und er hat eine Adresse. Im niedersächsischen Ostereistedt bei Bremen wohnt er, heißt Hanni Hase und wartet seit 30 Jahren in den Wochen vor Ostern auf Post von Kindern aus aller Welt. In Deutschlands einzigem Osterpostamt - nicht zu verwechseln mit Loriots Oberpostdirektion - beantworten seine Helfer um den pensionierten Postbeamten Hans-Hermann Dunker die Briefe und Karten, die waschkörbeweise eintreffen. Vorige Woche haben sie ihre Arbeit im Jubiläumsjahr aufgenommen.

Vergangenes Jahr waren es knapp 36.000 Briefe von Kindern, die sich eine Antwort aus der Pfote des Osterhasen wünschen. "Anfangs kamen 70 bis 80 Briefe", erinnert sich Dunkers Kollege Herbert Fitschen (81), der von Anbeginn dabei ist. Dieses Jahr sind in Ostereistedt bereits 1.000 Sendungen eingetroffen, darunter auch ein bunt bemaltes Schreiben der sechsjährigen Lena, die den Osterhasen neugierig fragt: "Wohnst Du weit weg vom Christkind?"

Ende März ist Einsendeschluss

Dunker selbst fühlt sich überaus wohl im Dienst von Meister Langohr: "Als Chef ist er friedlich und nett, nur kann er nicht selbst schreiben. Das haben wir für ihn übernommen." Der Pensionär ist aber nicht nur ein Fan seines Vorgesetzten, er liebt auch das nahende Fest von kleinauf. "Früher hab' ich dem Osterhasen ein Nest mit Dach gebaut", erinnert sich der heute 73-Jährige. Sein Glück war perfekt, wenn er dann am Ostermorgen bunte Dragée-Eier und süße Schokolade fand.

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Oft sind es ganze Schulklassen und Kindergartengruppen, die Hanni Hase schreiben. Ihre Briefe und Postkarten sind meist fantasievoll geschmückt, bunte Hasen und fröhlich-leuchtende Ostereier hoppeln und kullern munter über das Papier. Schon jetzt ist auch Post aus China eingetroffen.

Manchmal steckt sogar Süßes in Päckchen, die den Sekretär des Osterhasen erreichen - eine Anfechtung für Schokoliebhaber Dunker. "Da muss ich mich kräftig zurückhalten - ich werde schon vom Angucken dick", bedauert er. Übrigens: Wer noch vor dem Fest Antwort aus Ostereistedt haben möchte, sollte seinen Brief bis Ende März auf den Weg bringen. "Den Absender nicht vergessen und deutlich schreiben, sonst klappt das nicht", bittet Dunker.

Wunschzettel mit Bestellnummer der Artikel

Geantwortet wird mit Vordrucken, die mit Sonderstempeln geschmückt sind. Sonst wäre die Postflut nicht zu bewältigen. Doch gelegentlich greift Dunker selbst zur Feder. Das geschah in der Vergangenheit immer dann, wenn es um persönliche Probleme ging. Ihn und sein Team bewegten bisher Briefe, in denen Kinder den Osterhasen beispielsweise um Gesundheit für die Oma oder einen Job für den Vater baten.

Doch meistens geht es um andere Dinge, werden Wunschzettel den Briefen beigelegt. "Wünsche gab es schon immer", bilanziert der "Mann der ersten Stunde, Herbert Fitschen. "Aber mit der Zeit wurden sie größer." Auch heute wünschten sich die meisten Kinder ganz traditionell Nester mit bunten Schokoeiern, ergänzt Dunker. Er habe aber den Eindruck, dass die Länge der Wunschzettel über die Jahre zugenommen habe.

"Heute sind es oft Wünsche wie zu Weihnachten: Fahrräder, Spielkonsolen und sogar lebende Pferde", sagt die rechte Hand des Osterhasen. In der jüngeren Geschichte haben Kinder sogar die Bestellnummer ihrer Wünsche aus dem Spielzeugkatalog notiert oder einen Ortsplan beigelegt. Damit Hanni Hase garantiert zu ihnen findet.

epd