Die Linke-Spitze will die Nazi-Jägerin Beate Klarsfeld bei der Bundespräsidentenwahl gegen Joachim Gauck ins Rennen schicken. Die Parteiführung ging nach dpa-Informationen am Montag mit diesem Personalvorschlag in die entscheidende Sitzung des geschäftsführenden Vorstands. Eine Zustimmung des Gremiums galt als sicher. Einzige weitere potenzielle Kandidatin war zuletzt die Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen.
Der Kölner Professor Butterwegge hatte kurz vor der entscheidenden Sitzung am Montag mit der Begründung abgesagt, er wolle nicht gegen zwei so honorige Persönlichkeiten in eine Kampfabstimmung gehen. Die frühere Fernsehjournalistin Jochimsen war bereits 2010 Kandidatin der Linken bei der Bundespräsidentenwahl. Die 75-Jährige war bei der jetzigen Kandidatensuche überraschend erneut in die Endauswahl gekommen. Sie hatte sich zuvor für einen Boykott der Bundesversammlung ausgesprochen, weil die Linke aus der Suche nach einem Konsenskandidaten ausgeschlossen wurde.
Klarsfeld gab Kiesinger eine Ohrfeige
Für einen Boykott plädierte auch der thüringische Linksfraktionschef Bodo Ramelow in der Online-Ausgabe der "Mitteldeutschen Zeitung". "Wenn ich zu entscheiden hätte, dann würde ich sagen, wir nehmen an der Abstimmung nicht teil und versammeln uns stattdessen vor dem Reichstag." Damit würde die Linke zeigen, "dass wir die 19 Prozent der Bevölkerung, die sich laut Umfragen durch die Nominierung Joachim Gaucks missachtet fühlen, ernst nehmen". Denn Gauck sei ein "Pastor des kalten Herzens", was sich unter anderem in seinen sozialpolitischen Auffassungen zeige.
Bundestagssitzung am 2. April 1968: Von der Zuschauertribüne aus beschimpft Beate Klarsfeld Bundeskanzler Kiesinger wegen seiner NS-Vergangenheit als "Nazi" und "Verbrecher". (Neben ihr ein Saaldiener.) Im selben Jahr ohrfeigt sie Kiesinger und wird mit dieser Tat berühmt. Foto: dpa
Die 73-Jährige Klarsfeld war von Parteichefin Gesine Lötzsch ins Gespräch gebracht worden. Berühmt wurde die in Paris lebende Deutsch-Französin durch eine Ohrfeige. 1968 schlug sie Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger auf einem CDU-Parteitag wegen seiner NSDAP-Vergangenheit ins Gesicht und beschimpfte ihn als Nazi.
Durch den medienwirksamen Auftritt erfuhr erstmals eine breite Öffentlichkeit von der NS-Vergangenheit des Kanzlers. Eine zunächst gegen Klarsfeld verhängte Haftstrafe von einem Jahr wurde später zu vier Monaten auf Bewährung umgewandelt.
Die gebürtige Berlinerin ging bereits 1960 als Au-Pair-Mädchen nach Paris, wo sie eine neue Heimat fand. Gemeinsam mit ihrem französischen Ehemann Serge machte sie das Aufdecken ungeahndeter Nazi-Verbrechen zu ihrer Lebensaufgabe: "Es muss Deutsche geben, die nicht einfach nur Gras wachsen lassen und alles unter den Teppich kehren." Der 73-Jährigen ist es unter anderem zu verdanken, dass der ehemalige Gestapo-Chef von Lyon, Klaus Barbie, 1983 von Bolivien ausgeliefert und in Frankreich verhaftet wurde. In Frankreich und Israel wurde Klarsfeld mehrfach ausgezeichnet, zuletzt vom französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Das Bundesverdienstkreuz wurde der Deutsch-Französin indes verwehrt.