"Donna Leon: Blutige Steine", 1. März, 20.15 Uhr im Ersten
Bei aller Pracht: Wenn man näher hinschaut, ist Venedig verrottet. Die Fassaden sehen nur von weitem schön aus. Und noch schlimmer ist es dahinter. Ähnlich düster ist das Bild, das Donna Leon in ihren Romanen entwirft. Die deutschen Verfilmungen arbeiten, bildlich gesprochen, mit Weichzeichner. In der Geschichte "Blutige Steine" aber geht die Korruption bis ins Mark: Weil ein der Regierung nahe stehendes Konsortium mitten in einem afrikanischen Krisenherd Bodenschätze abbauen will, wird mit finsteren Methoden gearbeitet.
Afrikanische Terrorzelle in Italien
Davon hat Commissario Brunetti (Uwe Kockisch) zunächst allerdings keine Ahnung, als er den scheinbar willkürlichen Mord an einem afrikanischen Straßenhändler aufklären will. Der einheimischen Geschäftswelt sind die Verkäufer, die billige Imitate teurer Markenprodukte anbieten, ein Dorn im Auge. Es ist allgemein bekannt, dass die Mafia die Afrikaner ins Land schleust und mit Ware versorgt. Doch dann entdeckt Brunetti in der Wohnung eines zweiten Afrikaners eine Handvoll Rohdiamanten. Als ihn der Mann überfällt, um die wertvollen Steine zurückzubekommen, wird er erschossen. Der Commissario findet heraus, dass er Anführer eines rebellischen Stammes ist, der sich gegen die Regierung auflehnt. Zu seiner Verblüffung wird er aber kurz drauf von seinem Chef Patta (Michael Degen) zurückgepfiffen: Das Innenministerium hat Hinweise darauf, dass sich in Italien eine afrikanische Terrorzelle gebildet hat. Brunetti wird der Fall entzogen, Leichen und Akten verschwinden spurlos. Der Commissario aber ermittelt weiter; Patta ist außer sich und verlangt sein Versetzungsgesuch.
Plätschern die stets von Sigi Rothemund inszenierten Venedig-Krimis sonst gern harmlos vor sich hin, so ist "Blutige Steine" deutlich spannender, zumal Brunetti selbst zweimal nur knapp einem Anschlag entgeht. Außerdem darf der immer beherrschte Commissario endlich mal Emotionen zeigen. Der sonst zwar trottelige, aber im Grunde harmlose Patta entpuppt sich diesmal als unangenehmer Gegenspieler. Die Musik von Stefan Schulzki sorgt dafür, dass die ernste afrikanische Thematik permanent präsent bleibt. Gegengewicht sind zwei amüsante Seitenstränge, die sich durch den gesamten Film ziehen: Brunetti hat keine Ahnung, was er seiner Frau zum Geburtstag schenken soll, und manövriert sich mehrfach in peinliche Situationen. Noch hübscher sind die Versuche der entzückenden Elettra (Annett Renneberg), eine Maus zu fangen, was der wegen seines zahnenden Sohnes im Revier schlafende Vianello (Karl Fischer) immer wieder sabotiert, indem er den Käse aus den Fallen klaut.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).