TV-Tipp des Tages: "Mord in bester Gesellschaft" (ARD)
Als ein Dorfpolizist seinen alten Freund Wendelin Winter um Hilfe bittet, stellt der Psychologe und Hobbykriminologe rasch fest, dass die adretten oberbayerischen Fassaden erschreckend viel Schlechtigkeit kaschieren.
24.02.2012
Von Tilmann P. Gangloff

"Mord in bester Gesellschaft: Der Tod der Sünde", 25. Februar, 20.15 Uhr im Ersten

Die Reihe "Mord in bester Gesellschaft" mit Fritz Wepper und Tochter Sophie zeichnet sich durch eine sympathische Harmlosigkeit aus; die Filme sind Krimis für Zuschauer, denen der "Tatort" zu spannend ist. Mitunter artet die verbreitete Harmonie in Langeweile aus, aber in der Regel kann man die Filme unbesorgt einschalten. Auch in "Der Tod der Sünde" wird die Spannung nicht auf die Spitze getrieben; mitunter wirkt die Handlung sogar eher wie ein verkapptes Heimatdrama. Dafür wiederum ist die Geschichte von Rolf-René Schneider, der bislang alle Drehbücher geschrieben hat, ganz schön abgründig: Als ein Dorfpolizist seinen alten Freund Wendelin Winter (Wepper) um Hilfe bittet, stellt der Psychologie und Hobbykriminologe rasch fest, dass die adretten oberbayerischen Fassaden erschreckend viel Schlechtigkeit kaschieren.

Winter ermittelt inkognito

Auslöser der Handlung ist der Tod einer jungen Frau, die mit aufreizender Kleidung und provokantem Verhalten seit Monaten vor allem das Blut der älteren Herren im Dorf ganz schön in Wallung bringt. Als sie im Heuschober in eine Sense stürzt, tut die Kripo aus München dies als tragischen Unglücksfall ab. Dorfsheriff Brandner (Michael Lerchenberg) spürt, dass das nur die habe Wahrheit ist; Winter soll daher inkognito ermitteln. Warum der Psychologe unbedingt seine hübsche Tochter dabei haben will, wird nicht ganz klar, aber da sie schon mal da ist, fällt prompt ein testosterongetriebener Jüngling über sie her. Für die Mördersuche ist das zwar nicht weiter wichtig, aber Schneider nutzt die Tat naturgemäß als weiteren Beleg für die Verrohtheit im Dorf. Davon können auch andere ein schmerzhaftes Lied singen, etwa der Ziegen- und Schafhüter Sepp (David Zimmerschied), ein Sonderling und Außenseiter. Auch er steht für eine Dorfbotschaft: Schlage nie einen Mann in deinem Alter, er könnte dein Halbbruder sein. Dreck am Stecken haben sie bis auf den Arzt und den Polizisten ohnehin alle; erst recht ein Mann, dem man das am allerwenigsten zutrauen würde.

Hajo Gies hat Schneiders mitunter krachlederne Vorlage, die hinter den Bildern mehr und mehr zu einer Geschichte aus Sodom und Gomorrha wird, und routiniert und flüssig umgesetzt; "Mord in bester Gesellschaft" ist kein Sendeplatz, auf dem man sich selbst verwirklicht, zumal sich Gies ohnehin niemandem mehr beweisen muss. Die Leistungen der Schauspieler sind zumindest optisch makellos. Allerdings können nicht alle, die sich am Dialekt versuchen, verhehlen, keine gebürtigen Bayern (oder gar Einheimische) zu sein.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).