"Lebe dein Leben", 24. Februar, 20.15 Uhr im Ersten
"Lebe dein Leben" beginnt also in Moll, aber weil Mutter Maria vorgesorgt hat, ist ihr tödlicher Unfall der Beginn einer Geschichte, die viel besser ist, als man zunächst befürchten sollte. Große Stärke des Films ist ausgerechnet die Kombination von Howard und Wayne Carpendale, die für diesen Film erstmals gemeinsam vor der Kamera standen. Natürlich spekulieren Sender und Produzent mit der Besetzung auf gleich zwei Zielgruppen: hier die eher älteren Fans des Schmuseschlagersängers, dort der attraktive Seriendarsteller ("Der Landarzt"). Aber die Kalkulation geht auf, weil Vater und Sohn ein tatsächlich sehenswertes Gespann sind und Carpendale senior beweist, dass populäre Showgrößen quasi automatisch über ein gewisses darstellerisches Talent verfügen.
Kampf um die Zukunft der Werft
Die Handlung selbst ist eher vorhersehbar und gehorcht dem üblichen Strickmuster solcher Filme (Buch: Stefan Kuhlmann): Maria hatte einst eine leidenschaftliche Affäre mit dem Abenteuer Jonathan Clark (Howard Carpendale). Sie konnte und wollte ihn nicht ins familiäre Unternehmen einbinden und ließ ihn ziehen. Dass sie schwanger war, behielt sie für sich; der unfruchtbare Gatte zog den Sohn wie ein eigenes Kind auf. Dreißig Jahre später nimmt die nunmehr verwitwete Maria erstmals wieder Kontakt mit Jonathan auf: Den Tod vor Augen, sucht sie nach einem starken Mann an der Seite ihres Sohnes Finn (Wayne Carpendale). Der ist zwar durchaus in der Lage, den Traditionsbetrieb, eine große Hamburger Werft, allein durch die raue See zu steuern. Aber er vergisst über die Firmenführung, dass das Leben noch mehr zu bieten hat; zum Beispiel seine liebenswerte Assistentin Caro (Luise Bähr), die ihrem Chef in inniger Loyalität ergeben ist. Als Finn bei der Testamentseröffnung erfährt, dass seine Mutter ihre Anteile dem völlig fremden Jonathan Clark überschrieben hat, fällt er aus allen Wolken. Schon kurz drauf aber ist er dankbar für die Unterstützung, denn ausgerechnet sein Freund und Finanzfachmann Frank (Jan Sosniok) treibt ein gemeinsames Spiel mit Konkurrentin Vanderbilt (Sonja Kirchberger).
Peter Sämann, dank einer Vielzahl von Melodramen mit Christine Neuberger im Freitagsfilm der ARD erprobt wie wohl kein zweiter, verzichtet darauf, unnötig auf die Tränendrüse zu drücken. Die Szenen mit Vater und Sohn sind dank Finns herzlicher Abneigung zunächst ohnehin eher kernig. Umso hübscher gespielt und inszeniert ist das stille Schmachten von Caro. Und der Kampf um die Zukunft der Werft, bei dem die böse Mitbewerberin auch mit schmutzigen Tricks arbeitet, ist tatsächlich spannend.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).