Williamson-Prozess muss neu aufgerollt werden
Strafverfahren vorläufig eingestellt: Der seit Jahren andauernde Prozess gegen den Holocaust-Leugner und britischen Bischof Richard Williamson geht in eine neue Runde.

Im Revisionsverfahren sah das Oberlandesgericht Nürnberg einen Verfahrenmangel und stellte am Mittwoch das Strafverfahren wegen Volksverhetzung vorläufig ein. Darin werde nicht ausreichend über den Sachverhalt informiert, die Staatsanwaltschaft in Regensburg könne aber wegen des gleichen Sachverhalts erneut umfassend Anklage erheben, heißt es im dem Beschluss. (Az. 1 St OLG Ss 240/11)

In einem schwedischen Fernsehinterview hatte Bischof Richard Williamson von der ultrakonservativen Pius-Brüderschaft die Existenz von Gaskammern in der NS-Zeit und den Mord an sechs Millionen Juden durch das Hitler-Regime geleugnet. Das Interview wurde Anfang 2009 im Internet veröffentlicht. Im ersten Verfahren verhängte das Amtsgericht Regensburg im Oktober 2009 gegen Williamson eine Geldstrafe über 10.000 Euro, die Staatsanwaltschaft hatte 12.000 Euro beantragt.

Strafbefehl nicht detailliert genug

In dem Strafbefehl, so argumentierten die Nürnberger Richter, werde nicht deutlich, wie und wo der Inhalt der umstrittenen Äußerungen tatsächlich veröffentlicht und auch in Deutschland bekannt geworden sei. Es lasse sich daraus nicht entnehmen, ob über die Ausstrahlung im Fernsehen hinaus eine Veröffentlichung im Internet von vornherein geplant gewesen sei und ob Williamson mit diesem Verbreitungswege rechnen konnte. Auch werde der Angeklagte nicht über den gegen ihn erhobenen Tatvorwurf informiert.

Voraussetzung für den strafbaren Tatbestand der "Volksverhetzung" sei, dass die Tathandlung "öffentlich oder in einer Versammlung" begangen werde. Im vorliegenden Falle sei die Schilderung des Verbreitungsweges von zentraler Bedeutung. "Erst die Veröffentlichung in Deutschland, also nicht schon das Geben des Interviews unter Ausschluss der Öffentlichkeit, kann die Strafbarkeit begründen", stellte das Oberlandesgericht fest. Die Richter sahen in dem Strafbefehl "wesentliche gesetzliche Merkmale" des Straftatbestandes nicht dargestellt.

"Ich glaube, es gab keine Gaskammern"

Das Interview hatte Williamson Ende 2008 am Rande einer Diakonweihe im Priesterseminar der Piusbrüder in Zaitzkofen bei Regensburg einem schwedischen TV-Sender gegeben. "Ich glaube, es gab keine Gaskammern", sagte er wörtlich und fügte hinzu: "Ich glaube nicht, dass sechs Millionen Juden in Deutschland vergast wurden." Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Leugnung des Holocausts strafbar ist, kann er für seine Aussagen in Schweden nicht belangt werden.

Seine Verteidiger plädierten deshalb für Freispruch. Sie argumentierten im Verfahren vor dem Amtsgericht und später auch vor dem Landgericht Regensburg, dass Williamson einer Verbreitung nicht ausdrücklich zugestimmt habe und mit der Veröffentlichung über das Internet auch nicht rechnen konnte. Im Berufungsverfahren vor dem Landgericht war Williamson im vergangenen Juli wegen Volksverhetzung zu einer niedrigeren Geldstrafe in Höhe von 6.500 Euro verurteilt worden. Dagegen hatte der der 72-jährige Bischof wiederum Berufung eingelegt.

epd