Neue "Topmodel"-Staffel: Heidi Klum auf Kuschelkurs
Die Castingshow "Germany's next Topmodel" soll von diesem Donnerstag an und im verflixten siebten Jahr wieder sexy werden - mit der "Heidi-Cam", die Einblicke hinter die Kulissen der Sendung verspricht.
21.02.2012
Von Cornelia Wystrichowski

An akutem Heidi-Klum-Entzug dürfte zuletzt kaum jemand gelitten haben: Mit der Trennung von ihrem Ehemann Seal war die Berufsschönheit täglich in den Schlagzeilen, zwischendurch lächelte die 38-jährige zudem für Haarspray-Werbung in die Kamera.

Doch jetzt kommt noch einmal eine doppelte Portion Klum dazu: Am 23.2. geht um 20.15 Uhr bei Pro Sieben ihre Castingshow "Germany's next Topmodel" in die siebte Staffel, und mit ihr kommt die "Heidi-Cam", die Einblicke hinter die Kulissen der Sendung verspricht: "Mein ganz persönliches Video-Tagebuch, das mich überall begleitet", erklärt der Superstar aus Bergisch Gladbach die Neuerung. Die Heidi-Kamera ist aber nur einer von mehreren kosmetischen Eingriffen, mit deren Hilfe die Show wieder sexy werden soll: Im Vorjahr lagen die Quoten bei den 14- bis 49-Jährigen bei 18,8 Prozent – nicht schlecht, aber weit entfernt von alten Traumergebnissen.

Als hätte es die Emanzipationsbewegung nie gegeben

Die frühere Anziehungskraft von "Germany's next Topmodel", mittlerweile fast schon eine Oma unter den Castingshows, ist verwelkt. Das Fiasko um die Vorjahressiegerin Jana Beller hat sogar eine hässliche Narbe hinterlassen: Nach gegenseitigen Vorwürfen trennten sich die Schöne und ihre zum Klum-Imperium gehörende Modelagentur schon kurze Zeit nach dem pompös zelebrierten Showfinale voneinander, die Verträge mit den TV-Grazien wurden in den Medien als unfair kritisiert. Als Konsequenz aus dieser Schlammschlacht werden die Verträge geändert – künftig sollen die Siegerin und die zwei Finalistinnen von "Germany's next Topmodel" zwei Jahre lang ein festes monatliches Einkommen beziehen, teilt Pro Sieben mit.

Außerdem soll es bei der ach so strengen Heidi künftig stärker menscheln, in Sprechstunden können sich die Mädchen bei ihr oder den Juroren ausheulen, wenn sie irgendwo der hochhackige Schuh drückt. Vermutlich ist das eine Reaktion darauf, dass in den sympathischen Castingshows der aktuellsten Generation, etwa dem Konkurrenzformat "Das perfekte Model" (Vox) mit Karolina Kurkova und Eva Padberg oder der Musiksendung "The Voice" (Sat.1), eher Kuschelkurs als Zickenkrieg angesagt ist.

Das Prinzip der Show jedoch bleibt unangetastet: So ungeniert, als hätte es die Emanzipationsbewegung nie gegeben, werden junge Frauen in der Sendung daran gemessen, ob sie groß und schlank sind und für die Kamera auf Knopfdruck ein sexy Gesicht machen können. Wenn Heidi Klum zu einer Kandidatin sagt: "Wir glauben, du hast Potential", dann bezieht sich das nicht auf deren Chancen, Pianistin oder Atomphysikerin zu werden, sondern auf ihre Fähigkeiten, verkaufsfördernd von einem Zeitschriftencover zu lächeln.

Krebskranke Kandidatin diesmal dabei

Auch am gewohnten Ablauf von "Topmodel" wird sich nichts Wesentliches ändern. Die beiden Jury-Langweiler Thomas Hayo und Thomas Rath wurden seltsamerweise nicht ausgewechselt, Klum wird voraussichtlich nicht auf ihre berühmt-berüchtigten Floskeln wie "Ich habe heute leider kein Foto für dich" oder "Nur eine kann Germany's next Topmodel werden" verzichten, und Publikumsliebling Jorge Gonzalez ("Chicas!") ist als Laufstegtrainer wieder mit dabei. Er hat mittlerweile eine eigene Kollektion für eine Billigmodekette entworfen – mit stilisierten Pumps als Logo. In der Auftaktfolge treten 51 Mädchen an, unter anderem die 20-jährige Melek aus Stuttgart. Sie musste bei der vorigen Staffel aussteigen, weil bei ihr Lymphdrüsenkrebs festgestellt worden war. Jetzt ist Melek geheilt und darf erneut ihr Glück versuchen.

Mit 15.711 Bewerberinnen kann Pro Sieben diesmal übrigens einen Kandidatenrekord vermelden – sie alle haben sich nicht von den mageren Erfolgschancen abhalten lassen. Noch keine Kandidatin wurde bislang ein internationales Topmodel aus der Preisklasse von Linda Evangelista, die einst zu Protokoll gab, dass sie für weniger als 10.000 Dollar am Tag gar nicht erst aufstehe. Einige frühere "Topmodel"-Teilnehmerinnen brachten es indes zu zweifelhaftem Ruhm – so wie Micaela Schäfer, die sich in der RTL-Show "Ich bin ein Star" im Dschungelcamp geradezu zwanghaft entblößte.


Cornelia Wystrichowski ist freie Medienjournalistin in Berlin.