Kurz vor dem drohenden Staatsbankrott bekommt Griechenland neue Finanzhilfen in Höhe von 130 Milliarden Euro. Die Euro-Finanzminister beschlossen am Dienstagmorgen nach gut zwölfstündigen Beratungen in Brüssel auch stärkere Kontrollen der griechischen Politik und ein Sperrkonto, von dem die Schulden zurückgezahlt werden sollen.
Private Gläubiger beteiligen sich stärker an Griechenland-Hilfe
Die privaten Gläubiger - vor allem Banken, Versicherungen und Fonds - werden stärker zur Kasse gebeten als ursprünglich geplant. Sie verzichten nach Angaben von Diplomaten auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen an Griechenland. Bisher waren nur 50 Prozent vorgesehen - was für Athen eine Entlastung um 100 Milliarden Euro bedeutet hätte.
Dies reichte jedoch nicht aus, um die derzeit 350 Milliarden Euro betragende Verschuldung Griechenlands bis zum Jahr 2020 auf etwa 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken. In mehreren schwierigen Verhandlungsrunden parallel zu den Ministerberatungen lenkten die Gläubiger schließlich ein. Der Schuldenerlass der Banken war eine Voraussetzung für den Internationalen Währungsfonds (IWF), um sich neben den Eurostaaten an dem Hilfsprogramm zu beteiligen.
IWF stellt Bedingungen für Griechenland-Hilfe
Der Internationale Währungsfonds IWF lässt seinen Anteil am zweiten Hilfspaket für Griechenland noch offen und stellt dafür Bedingungen. Voraussetzung für einen "bedeutsamen" Beitrag zu den geplanten 130 Milliarden Euro seien neben Reformen in Griechenland auch "zusätzliche Maßnahmen wie zum Beispiel die korrekte Schaffung eines ordentlichen Schutzwalls", sagte IWF-Chefin Christine Lagarde am Dienstagmorgen in Brüssel.
Damit wiederholte Lagarde ihre Forderung, dass die Europäer den Euro-Krisenfonds aufstocken müssen. Aus Sicht der Amerikaner reicht das Volumen nicht aus, um die Schuldenkrise nachhaltig zu lösen. In dem derzeit laufenden Rettungsfonds EFSF sind von den 440 noch 250 Milliarden Euro Restmittel übrig. Er wird im Sommer vom ständigen Krisenmechanismus ESM abgelöst, der 500 Milliarden Euro umfasst. Die Staats- und Regierungschefs wollen beim EU-Gipfel am 1. und 2. März über eine Aufstockung beraten.
Am ersten Paket für Athen hatte sich der IWF zu etwa einem Drittel beteiligt. Lagarde stellte eine Entscheidung des IWF für März in Aussicht.
EU bindet Notenbank bei Griechenland-Rettung ein
Damit wird Griechenland erneut in letzter Minute vor dem Staatsbankrott bewahrt. Am 20. März muss Griechenland 14,5 Milliarden Euro Schulden tilgen - die das Land aber nicht hat. Bereits 2010 hatte Athen ein ähnliches Paket von den Euro-Partnern und dem IWF von 110 Milliarden Euro Notkrediten erhalten.
Die Eurostaaten binden die Europäische Zentralbank (EZB) bei der Griechenlandrettung stärker mit ein. Das bestätigte der Vorsitzende der Euro-Finanzminister Jean-Claude Juncker am Dienstagmorgen in Brüssel. Die EZB werde Gewinne aus griechischen Staatsanleihen an die Nationalbanken der Staaten auszahlen. Diese könnten das Geld an die nationale Regierung weitergeben - in Übereinstimmung mit den Regeln des Statuts. Das Geld werde eingesetzt, um die Gesamtverschuldung Griechenlands zu senken. Maßgeblich für die Gewinne wäre der jeweilige Anteil der Länder am EZB-Kapital.
Eurogruppenchef Juncker sprach sich für eine Aufstockung des Krisenfonds ESM aus. "Ich gehe davon aus, dass die Regierungen vereinbaren werden, die Kapazität auszuweiten", sagte Juncker. Deutschland lehnt dies bisher strikt ab.
Die Eurogruppe pochte auf die stärkere Beteiligung der privaten Gläubiger an der Sanierung Griechenlands. Die schwierigen Verhandlungen mit dem internationalen Bankenverband IIF hatten Monate gedauert.
Ständige Überwachung der Reform-Auflagen
Das Hilfspaket ist verbunden mit einer Reihe von politischen Reform-Auflagen für die Regierung in Athen. Sie soll unter anderem Renten und Mindestlöhne kürzen, durch eine Reform des Steuersystems für mehr Einnahmen und mit einer Öffnung bisher abgeschotteter und streng regulierter Märkte für mehr Wachstum sorgen.
Auf einem Sperrkonto soll außerhalb der Verfügungsgewalt der griechischen Regierung Geld gelagert werden, mit dem Zinsen und Tilgungen gezahlt werden müssen. Die Einhaltung dieser Auflagen soll künftig ständig - und nicht mehr nur sporadisch - von einer Expertengruppe von EU-Kommission, IWF und Europäischer Zentralbank überwacht werden.