Staatsrechtler: Amt des Bundespräsidenten abschaffen
Unter dem Eindruck des Rücktritts von Christian Wulff hat sich der Göttinger Staatsrechtler und Kirchenjurist Hans Michael Heinig dafür ausgesprochen, das Amt des Bundespräsidenten abzuschaffen. Ein "Superpolitiker" müsse die Öffentlichkeit zwangsläufig enttäuschen.

Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montagsausgabe) sagte der Direktor des Instituts für Öffentliches Recht der Universität Göttingen, es wäre besser, den Posten nicht wieder zu besetzen. Noch vor der Nominierung Joachim Gaucks als Kandidat am Sonntagabend äußerte Heinig Bedenken, dass "überhaupt noch jemand die Rollen ausfüllen kann, die dem Amtsträger jenseits seiner Kompetenzen nach dem Grundgesetz zugedacht waren".

Auch der Direktor des Instituts für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Erlangen-Nürnberg, Bernhard Wegener, forderte, das Amt nicht wieder zu besetzen: "Es ist überflüssig, gefährlich und ein dummer Anachronismus." Wer in das Amt gewählt werde, sei ein "Hanswurst der Politik", der einem leid tun könne.

Lieber der Bundesratspräsident?

Heinig (Foto links: epd-bild/Jens Schulze), der auch das Kirchenrechtliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland leitet, schlug vor, dass der Bundesratspräsident die verfassungsrechtlichen Aufgaben des Bundespräsidenten übernehmen solle. "Dank des üblichen Rotationsprinzips wird die Repräsentationskraft des Staatsoberhauptes deutlich gestärkt", sagte der Jurist.

Ein wachsames Auge auf die Tagespolitik solle der Bundestagspräsident haben und so als Korrektiv zu Kabinett und Kanzleramt auftreten. Das sei vielversprechender, als einen "Superpolitiker" zu finden, der die Öffentlichkeit zwangsläufig abermals enttäuschen müsse.

epd