Wann hat es das schon jemals gegeben, dass die glamouröse Verleihung der Grammies in Los Angeles mit einem Gebet begonnen hätte?! Am Sonntagabend war das so. In einer großen Halle voller Menschen erhoben sich die Weltstars der Musikszene für ein Gebet. Sie nahmen Abschied von der Popsängerin Withney Houston, die wenige Stunden zuvor im Alter von nur 48 Jahren verstorben war.
Viele waren erschüttert. Withney Houston war eine der größten Figuren der Popmusik. Von ihr wurden weltweit über 170 Millionen Platten und CDs verkauft. Ihr Spitzname war „The Voice“ – einfach nur Die Stimme. Und diese gewaltige, gefühlvolle und klare Stimme war nicht ihr einziges Talent. Sie war zudem schön und eine gute Schauspielerin. Erfolgreicher geht nicht.
Das war allerdings schon ein paar Jahre her. Unverkennbar war ihr allmählicher Abstieg. Die Stimme wurde hörbar brüchiger. Ihre jugendliche Schönheit verwelkte. Es ist schwer sich davon zu verabschieden. Bekannt waren ihre Probleme mit Alkohol und Drogen. Zuletzt hat man sie tot in der Badewanne eines Hotels gefunden – Stunden bevor sie auf einer Grammy-Party auftreten sollte.
Kriterien für ein sinnerfülltes Leben
Withney Houston hatte eigentlich alles, wovon viele Menschen träumen. Dennoch ist sie letztlich gescheitert. Daraus zu folgern, das Reichtum eben nicht glücklich macht, wäre mir allerdings zu billig. Denn man kann es beweisen: Im Durchschnitt leben wohlhabende Menschen länger als arme, sie sind gesünder und sie haben bei weitem mehr Möglichkeiten. Dennoch gibt es offenbar im Leben etwas, was die Währungen dieser Welt nicht bieten können.
Reichtum, Schönheit und Erfolg garantieren kein sinnerfülltes Leben. Dafür gelten andere Kriterien. Das hat mir in dieser Woche eine Frau vor Augen geführt, die nicht berühmt ist, die nicht reich ist. Fünf schwierige Kinder hatte sie ins Leben zu führen – eines geistig behindert, eines ein Schulversager, eines hochbegabt aber seelisch sehr gefährdet und so weiter. Das hatte sie sich sicher anders vorgestellt. Grund genug also um traurig und verbittert zu sein. Aber das Gegenteil ist der Fall. Sie hat daraus eher noch Kraft gezogen und eine ansteckende Lebenslust. Offenbar ist ihr eine andere Quelle für den tieferen Sinn des Lebens zugänglich.
„Im Himmel gibt´s jetzt eine wunderbare Girls Band“
Davon wusste auch Withney Houston. In einem ihrer größten Hits „One Moment in Time“ singt sie als Refrain: Ich möchte einen Augenblick in der Zeit, an dem ich mehr bin, als ich dachte, sein zu können. Wenn alle meine Träume nur einen Herzschlag entfernt sind. Und mir alle Antworten offen liegen. Dann, in diesem einen Augenblick der Zeit, werde ich die Ewigkeit fühlen.“ Darüber wurde auch auf der Verleihung der Grammies in Los Angeles gesprochen. Mitchell Winehouse erinnerte dort an seine vor kurzem verstorbene Tochter Amy. Auch sie eine begnadete und erfolgreiche Sängerin – mit 27 sogar noch früher gestorben als Withney Houston. Der Vater hat über die beiden gesagt: „Im Himmel gibt´s jetzt eine wunderbare Girls Band.“ Das klang, als könne man fast ein bisschen neidisch sein auf Gott, der die Freude hat, diese Sängerinnen nun bei sich zu haben.
Ein solches Glaubensbekenntnis bei der Verleihung der Grammys ist schon erstaunlich. Immerhin: Es handelt sich um die vermutlich größte Gala zur Feier des weltlichen Erfolgs. Aber angesichts des Todes wird auch dort bewusst, dass das Leben mehr ist als das, was dort gefeiert werden kann. Es ist ein Geschenk Gottes mit einer begrenzten Laufzeit. Und es hat seine Wurzeln nicht in der Welt, nicht in der Schöpfung, sondern beim Schöpfer, bei Gott. Dort wird es letztlich auch entschieden. Das kann vieles leichter machen, zum Beispiel Abschied zu nehmen vom großen Erfolg - oder dem Traum davon. Auch den Abschied von vergehender Schönheit oder von unerfüllbaren Plänen. Damit mag viel auf dem Spiel stehen aber niemals alles, denn unser Leben hat jenseits davon noch einen anderen Bezugspunkt.
Stephan Krebs ist Pfarrer und seit 2000 Pressesprecher der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) mit Sitz in Darmstadt. Seine Morgenandacht wurde am Freitag, 17. Februar, vom Deutschlandfunk gesendet.