Ein "normaler Pastor": Berlins neuer Kardinal Woelki
Am Samstag wird er Kardinal: Nach kaum einem halben Jahr als Berliner Erzbischof kommt Rainer Maria Woelki auch im Vatikan in Amt und Würden - eine Blitzkarriere.
16.02.2012
Von Esteban Engel

Er sei ein "ganz normaler Pastor", hatte Rainer Maria Woelki bei seinem Antritt als Berliner Erzbischof im vergangenen Jahr verkündet. Kurz danach empfing Woelki als Oberhirte der deutschen Hauptstadt den Papst im Olympiastadion. Jetzt ruft ihn Benedikt XVI. nach Rom, um ihn an diesem Samstag (10.00 Uhr) zum Kardinal zu küren.

Woelkis Aufnahme in den Kreis der vatikanischen Purpurträger war früher oder später zu erwarten. Dass der Ruf aus Rom so schnell erfolgt, ist dann aber doch etwas überraschend und gilt als sichtbares Zeichen der päpstlichen Sympathie. Woelkis Vorgänger in Berlin, Georg Sterzinsky (1936 - 2011), musste länger warten, bis er das violette Bischofsgewand gegen die rote Kardinalssoutane tauschen durfte.

Neben Woelki werden am Samstag 21 weitere Geistliche in den Kardinalsstand erhoben. Auffallend ist, dass 10 neue Kardinäle aus der römischen Kurie und 16 aus europäischen Ländern kommen. Damit stärkt Benedikt, der sehr um eine Neuevangelisierung des alten Kontinents bemüht ist, den europäischen Anteil unter den bisher 192 Kardinälen.

Mit 55 jüngster Kardinal

Die Kardinäle sind die höchsten Würdenträger nach dem Papst und dessen wichtigste Ratgeber. Sie wählen das Kirchenoberhaupt traditionell aus ihrer Mitte. Von den Neuernannten sind 18 unter 80 Jahre alt. Sie könnten also einen neuen Papst mitwählen. Zuvor war die Zahl der Papstwähler auf 108 gesunken. Schon bei dem Papstbesuch im September hatten sich Woelki und Joseph Ratzinger näher kennengelernt. Der Bischof konnte beim Mittagessen neben dem Heiligen Vater Platz nehmen und mit ihm über die Lage der Katholiken in der ostdeutschen Diaspora reden. Der reibungslose Verlauf der Visite ging auf Woelkis Konto.

Mit seiner Ernennung rückt Woelki in den Kreis der Kardinäle innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz, dem Joachim Meisner (Köln), Karl Lehmann (Mainz) und Reinhard Marx (München und Freising) angehören. In diesem Quartett ist der Berliner Bischof mit 55 Jahren der jüngste.

Wenn die älteren Kollegen in den Ruhestand gehen, könnte Woelki in der Bischofskonferenz, wo er heute Caritas-Beauftragter ist, eine führende Rolle einnehmen. Auch die Möglichkeit, dass er von Berlin nach Köln zurückkehrt und dort seinen Mentor Kardinal Meissner beerbt, ist nicht auszuschließen. Meissner muss 2013 mit 80 Jahren in den Ruhestand gehen.

"Entscheidungschristentum"

Doch in Berlin fühlt sich Woelki sichtlich wohl. Seitdem er in der Multikulti-Metropole den Hirtenstab übernommen hat, genießt er große Aufmerksamkeit. Dabei ist in Berlin nur jeder zehnte katholisch, die meisten Menschen in der Stadt haben mit Kirche nichts am Hut. Woelki hat es verstanden, mit einer Mischung aus rheinischem Charme und klaren Worten Fragen über seine Verhältnis zum streng katholischen Opus Dei oder seine Haltung zur Homosexualität so darzustellen, dass er seine Gegner besänftigte - und dabei zentrale theologische Positionen nicht aufgab.

Der Erzbischof spricht immer wieder von einem "Entscheidungschristentum"; auch in der Diaspora seien Katholiken aufgerufen, nicht einfach nur "das sogenannte Zeitgemäße" zu leben. Dazu passt auch sein Wahlspruch: "Wir sind Zeugen."

dpa