Keine unbefristete Ausweisung "verwurzelter" Ausländer
Ein lange in Deutschland lebender und damit als verwurzelt geltender Ausländer darf auch nach einer schweren Straftat nicht zur Abschreckung anderer Ausländer unbefristet aus der Bundesrepublik ausgewiesen werden.

Das entschied das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag in Leipzig. Nach Auffassung des Senats lasse sich bereits bei der Ausweisung beurteilen, wie lange er ferngehalten werden muss. Es wäre unverhältnismäßig, "ihn über diesen für seine Lebensplanung wichtigen Umstand im Unklaren zu lassen, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund besteht". (BVerwG 1 C 7.11 - Urteil vom 14. Februar 2012)

"Generalpräventive Gründe"

In dem vorliegenden Fall hatte ein Kosovare geklagt. Der Mann lebt seit 1996 in Deutschland und bekam 2004 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Nachdem er im Februar 2009 wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in mehreren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden war, wies ihn das Regierungspräsidium Karlsruhe im Juni 2009 aus.

[listbox:title=Mehr im Netz[Bundesverwaltungsgericht]]

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage des Mannes gegen die Ausweisung ab. Von dem Kläger gehe zwar keine Wiederholungsgefahr aus. Die Ausweisung sei aber wegen der besonderen Schwere der von ihm begangenen Straftaten aus "generalpräventiven Gründen", also zur Abschreckung anderer Ausländer, gerechtfertigt.

Ausweisung darf nicht unbefristet ausgesprochen werden

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim gab der Berufung des Klägers statt und hob die Ausweisung auf. Ein allein "generalpräventiv begründetes öffentliches Interesse" an der Ausweisung stelle bei der Gruppe der verwurzelten Ausländer, zu der der Kläger gehöre, keinen schwerwiegenden Grund dar. Gegen dieses Urteil ging das Regierungspräsidium Karlsruhe in Revision.

Das Bundesverwaltungsgericht stimmte diesem Urteil am Dienstag nicht zu. Ein Verbot von "generalpräventiven" Ausweisungen für schon lange in Deutschland lebende Ausländer lasse sich nicht erkennen, erklärten die Richter. Jedoch müsse die Ausweisung sorgfältig geprüft werden und dürfe nicht unbefristet ausgesprochen werden. Da der Verwaltungsgerichtshof sich nicht zu Art und Schwere der Straftaten des Klägers geäußert hat, konnte der Senat nicht selbst abschließend beurteilen, ob die besonderen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer "generalpräventiv" begründeten Ausweisung vorliegen. Das Verfahren wurde daher an den Verwaltungsgerichtshof zur weiteren Aufklärung zurückzugewiesen.

epd