Justizministerin fordert Aufklärung über Acta-Abkommen
Am Wochenende trieb es tausende Internet-Aktivisten trotz Eiseskälte gegen das Anti-Piraterie-Abkommen Acta auf die Straße. Auch die Politik diskutiert über Pro und Contra des Urheberrechtsschutzes. Die Justizministerin steht in der Kritik.

Im Streit über die Unterzeichnung des Acta-Vertrags zum Urheberrechtsschutz verlangt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) rechtliche Klarheit von der EU-Kommission. "Europa-Parlamentarier stellen die Frage, ob die Kommission neue Rechtsetzung beabsichtigt. Diese Frage muss umfassend beantwortet werden", sagte Leutheusser-Schnarrenberger der "Passauer Neuen Presse" (Montag). "Alle wesentlichen Kritikpunkte, die sich auf Urheberrechtsschutz und Internet konzentrieren, müssen vom Europäischen Parlament und der Kommission beantwortet werden."

Unions-Fraktionsvize Krings: "Acta ist recht harmlos"

Unions-Fraktionsvize Günter Krings (CDU) kritisierte die Aussetzung der Unterzeichnung des internationalen Acta-Abkommens ("Anti-Counterfeiting Trade Agreement") durch Leutheusser-Schnarrenberger als "Alleingang" der Ministerin. "Ich wünsche mir von ihr ein klares Bekenntnis zum Inhalt dieses Abkommens", forderte Krings in der "Passauer Neuen Presse". "Wenn aus Deutschland das Signal "Wir wollen Acta nicht!" kommen würde, wäre das für den Schutz geistigen Eigentums weltweit fatal." Er sei sehr verwundert über das Vorgehen der Ministerin, die Acta noch vor kurzem verteidigt habe.

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Der Vertrag zwinge Deutschland nicht zu konkreten Maßnahmen, sagte Krings. "Acta ist ein recht harmloses Abkommen, das im Wesentlichen Rechtsregeln der Europäischen Union auf andere Staaten überträgt." Er sprach sich dagegen aus, im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen den kompletten Internet-Datenverkehr zu überwachen. Hier werde "eine Lösung mit Augenmaß" benötigt, eine stärkere Kooperation zwischen Providern und Rechteinhabern.

Auch der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach wies die massive Kritik an dem geplanten Acta-Abkommen zurück. "Was im realen Leben verboten ist – das Kopieren fremden geistigen Eigentums –, muss auch im virtuellen Leben verboten sein", sagte er der "Rheinischen Post" (Montag). Es gehe um eine "grundsätzliche Weichenstellung", wie die Urheberrechte im Netz künftig geschützt werden könnten. "Die Acta-Kritiker müssten sagen, wie sie das sicherstellen wollen", forderte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses vor allem in Richtung von Piratenpartei und Grünen, die die Anti-Acta-Proteste unterstützen.

Proteste stehen für "lebendige Demokratie im digitalen Zeitalter"

Nach bundesweiten Demonstrationen von mehreren zehntausend Menschen allein in Deutschland gegen das Anti-Piraterie-Abkommen war die Diskussion über das Urheberrecht im Internet am Wochenende neu entbrannt. Regierungssprecher Steffen Seibert schrieb am Sonntag im Kurzmitteilungsdienst Twitter, die Bundesregierung stehe weiter dazu, dass geistiges Eigentum auch im Netz geschützt werden müsse. In der Debatte dürfe nicht vergessen werden, dass mit "Raubkopien, Patentverletzungen u. Fälschungen" jährlich Schaden in Milliardenhöhe verursacht werde.

Grünen-Chefin Claudia Roth und Vorstandsmitglied Malte Spitz sprachen hingegen nach den Protesten in mehr als 50 deutschen Städten am Samstag von einem "fulminanten Signal gegen Acta und für lebendige Demokratie im digitalen Zeitalter". Erst am Freitag hatte die Bundesregierung die Unterzeichnung wegen Bedenken von Leutheusser-Schnarrenberger vorerst ausgesetzt.

Acta wurde am 26. Januar von der EU sowie von 22 der 27 Mitgliedsstaaten unterzeichnet. Der Vertrag regelt unter anderem die "Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im digitalen Umfeld". Die Gegner kritisieren, das Abkommen sei in Geheimverhandlungen unter Mitwirkung von Lobbyisten der Musik- und Filmindustrie zustande gekommen.

dpa