"Yella", 15. Februar, 22.25 Uhr auf 3sat
Bevor Christian Petzold einen Film dreht, geht er die Handlung so lange mit seinen Schauspielern durch, bis ihnen die Figuren passen wie eine zweite Haut. Nicht zu unterschätzen ist allerdings auch der Anteil von Hans Fromm, sein Kameramann seit dem ersten Film: Die Bilder der Filme Petzolds sind das Ergebnis einer sorgfältigen Komposition. Gerade bei "Yella" ist das doppelt wichtig, denn die Geschichte ist so schlicht, dass man sie womöglich keines zweiten Blickes würdigen würde: Eine junge Frau (Nina Hoss) verlässt den Osten, weil sie im Westen einen Job gefunden hat.
Aus dem Team wird ein Paar
Der Arbeitgeber entpuppt sich zwar als insolvent, aber ein junger Investor (Devid Striesow) wird zum Retter und lässt sich von Yella zu einem Termin begleiten, wenn auch eher aus Gründen der Verhandlungsdramaturgie als aus echter Not. Doch Yella erweist sich dank ihrer Fähigkeit, in den Bilanzen notleidender Betriebe auf Anhieb die Schwachstellen zu entdecken, als enorme Hilfe. Aus dem Duo wird ein Team, aus dem Team ein Paar. Dass Philipp die Firmen gnadenlos über den Tisch zieht und außerdem seine Finanziers betrügt, ist ihr egal.
Wenn man genau hinschaut, wird man diverse Details entdecken, die irritieren. Das Hotel, in dem Yella und Philipp wohnen, ist menschenleer und erinnert mit seiner aseptischen Atmosphäre ohnehin an eine Pathologie. Die sparsame Kameraarbeit und der fast schon geizige Umgang mit Musik unterstreichen die Leblosigkeit der Szenerie. Und dann gibt es immer wieder Momente, die Petzold ("Die innere Sicherheit", "Wolfsburg") als "Todesstillen" bezeichnet, weil Yella plötzlich aus der Welt fällt.
All das ist selbstredend kein Zufall, denn eigentlich endet Petzolds Film bereits mit dem Prolog: Ben (Hinnerk Schönemann), Yellas Ex-Partner sowohl beruflich wie privat, gibt vor, sie zum Bahnhof zu bringen, sie streiten, dann lenkt er den Wagen geradewegs von einer Brücke in die Elbe. Beide retten sich ans Ufer, Yella erreicht ihren Zug nach Hannover. Am Ende, als Yella ihre Seele verkauft hat, schließt sich der Kreis. Ähnlich wie bei "Sommer 04" oder, als berühmteres Beispiel, "The Sixth Sense", sieht man die Geschichte vom Ende her aus völlig neuer Perspektive.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).