Wer gegen Schadensfälle wie Arbeitslosigkeit oder Krankheit versichert sei, sei eher bereit, Risiken einzugehen und in Geschäftsideen oder Bildung zu investieren, erläutert der Entwicklungs-Experte Markus Loewe. Länder wie Costa Rica, Tunesien, Ruanda oder Ghana hätten verschiedene Modelle entwickelt, um auch die ärmeren Bevölkerungsschichten zu versichern.
In Costa Rica bezahlt der Staat Loewe zufolge für Arme einen grundlegenden Versicherungsschutz. Tunesien hat 85 Prozent der Erwerbstätigen in die Sozialversicherung integriert, indem es mehrere abgespeckte Leistungspakete geschaffen hat, die auf die Zahlungsfähigkeit unterschiedlicher Gruppen zugeschnitten sind.
In Ruandas sind 85 Prozent der Erwerbstätigen sozialversichert
In Ruanda und Ghana gibt es hingegen genossenschaftliche Mikroversicherungen. Diese Versicherungsvereine werden von Selbsthilfegruppen gegründet und sind an die staatliche Krankenversicherung angeschlossen. Mittlerweile seien in Ruanda rund 85 Prozent der Erwerbstätigen sozialversichert und in Ghana 60 Prozent.
In vielen Entwicklungsländern übernähmen traditionelle soziale Gruppen wie die Dorfgemeinschaft, die Großfamilie oder der Clan die Funktion einer Versicherung: Im Notfall ständen die Mitglieder einander bei. Wenn die Beziehungen zwischen den Mitgliedern sozialer Gruppen allerdings lockerer werden, weil Familien in die Städte abwandern und traditionelle Wertvorstellungen an Bedeutung verlieren, könnten sich die Einzelnen immer weniger darauf verlassen, in einer Krise tatsächlich unterstützt zu werden, so Loewe.
Mancherorts gelten Kinder als sichere Rentenversicherung im Alter
Renten- und Lebensversicherungen führten außerdem dazu, dass die Zahl der Geburten sinke und die Bevölkerung langsamer wachse. Häufig haben laut Loewe Ehepaare nur deshalb viele Kinder, weil sie hofften, von ihnen im Alter unterstützt zu werden. Sie verdienten aber zu wenig, um ihre Kinder zur Schule zu schicken, gesund zu ernähren oder medizinisch behandeln zu lassen, so die Einschätzung des Volkswirts.