Noch hat sich das Internationale Olympische Komitee (IOC) in Lausanne nicht mit der Idee beschäftigt. Fest steht aber auch so: Wäre der Bau von Bunkern eine olympische Disziplin, das IOC-Gastgeberland Schweiz würde problemlos sämtliche Medaillen gewinnen.
Schließlich gibt es in keinem anderen Staat in Relation zur Bevölkerungszahl derart viele bombensichere Schutzräume wie in der Alpenrepublik. Sie bieten Platz für sämtliche ihrer knapp acht Millionen Einwohner. Und sogar noch ein paar Hunderttausend mehr. Denn schon 2006 habe der "Deckungsgrad" bei Schutzräumen 114 Prozent betragen, wie Experten vorrechneten. Das ist einsamer Weltrekord.
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Inzwischen aber - mehr als 20 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges - hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass man in Sachen Bunker vielleicht zu viel des Guten getan hat. Zum Beginn des Jahres hat die Eidgenossenschaft die Pflicht zur Errichtung privater Schutzkeller jedenfalls gelockert.
Viele private Bauherren können sich nun über eine kräftige Kostenersparnis freuen. Grundsätzlich bleibt es zwar bei der 1963 eingeführten "Schutzraumbaupflicht", die Kritiker als "Reliquie aus vergangenen Zeiten" betrachten. Doch künftig müssen Luftschutzkeller nur noch dann in Wohnhäusern eingebaut werden, wenn diese mehr als 38 Zimmer haben. Bisher galt die Bunkerpflicht laut Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz (BZG) schon ab acht Zimmern.
Kontrollen bleiben bestehen
Wer also künftig eine Villa am Genfer- oder Zürichsee bauen lässt, muss sich keine Gedanken mehr machen, wie man die hässliche Panzertür neben dem Weinkeller versteckt. Viele aber, die so ein Ungetüm nun mal im Untergeschoss haben, müssen auch künftig mit Behördenbesuch rechnen. "Alle Schutzraumtüren, Panzerdeckel, Notausstiege/Fluchtröhren und Ventilationsaggregate müssen für die Funktionsprüfung ausnahmslos frei zugänglich sein", heißt es dann in der Ankündigung einer "Schutzraumkontrolle".
Klar, dass dabei alle vorgeschriebenen Schutzraumausrüstungen wie Liegen, Wasserreinigungsmaterial und Notaborte "für eine Sichtkontrolle zugänglich sein müssen". Da heißt es: Keller auf- und Bunkertür frei räumen. Die "Schweizer Schutzraum-Manie aus dem Zweiten Weltkrieg ist absurd", findet selbst der ehemalige Chef der Direktion für Justiz und Inneres im Kanton Zürich, Markus Notter, wie er der "Neuen Zürcher Zeitung" schrieb.
Deutschland ist Nation von Bunkermuffeln
Immerhin konnte der Regierungsrat der Suche nach seinem mobilen Bunkernotabort etwas Versöhnliches abgewinnen. Im Schutzraum stieß er auf längst vergessene Vinylplatten und "eine ganz Musik-Ära" lebte für ihn wieder auf.
Vorschriften über Bunker für Kriegs- und Katastrophenfälle gibt es natürlich in vielen Ländern. In Israel zum Beispiel sollen die Schutzräume für gut zwei Drittel der Bevölkerung ausreichen. Deutschland hingegen, wo im Zweiten Weltkrieg Millionen in Bunkern Schutz suchten und viele darin umkamen, wirkt heute mit nur noch relativ wenigen Schutzräumen im Vergleich zur Schweiz wie die Heimat der Bunkermuffel.
"Neutralität schützt nicht vor Radioaktivität"
Ein wichtiger Grund für die "Allgegenwärtigkeit der Schutzräume" sei die Schweizer Mentalität, schrieb die Autorin Daniele Mariani auf der öffentlich-rechtlichen Newsplattform "swissinfo.ch". "Man sucht Schutz vor allem und will sich gegen alle Gefahren versichern." Gegnern der Bunkermassenbauweise wurde einst entgegengehalten, die Schweiz sei zwar neutral, aber umgeben von Nato-Ländern, mithin potenziellen Angriffszielen der Sowjets: "Neutralität schützt nicht vor Radioaktivität", so ein Slogan in den 60-er Jahren.
Heute scheint die Bunkermentalität selbst beim Militär nicht mehr besonders ausgeprägt zu sein. Immerhin hat die Schweizer Armee seit Ende des Kalten Krieges schon rund zwei Drittel ihrer oft bombensicheren Kampf- und Führungsbauten ausgemustert. Mehr als 1500 wurden verkauft, darunter auch ein ehemaliger Munitionsbunker im Berner Oberland mit vier Räumen und Superbergsicht.