Immer wieder Streitthema: Das kirchliche Arbeitsrecht
Das kirchliche Arbeitsrecht muss nach Ansicht des evangelischen Sozialexperten Dierk Starnitzke weiterentwickelt werden. Der Vorstandssprecher des diakonischen Wittekindshofes im westfälischen Bad Oeynhausen empfiehlt, den tariflichen Sonderweg der Kirchen theologisch besser zu begründen.
08.02.2012
Von Markus Jantzer

Der Chef des Sozialunternehmens mit knapp 3.000 Beschäftigten rät davon ab, Tarifverhandlungen mit streikbereiten Gewerkschaften für die Zukunft auszuschließen. "Die Gewerkschaften sind nicht unsere Feinde", sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Dierk Starnitzke ist eVorstandssprecher des Wittekindshofes in Bad Oeynhausen. Foto: epd-bild/Wittekindshof

Bei den Kirchen werden Löhne und Gehälter nicht zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ausgehandelt. Streiks und Aussperrungen sind ausgeschlossen. Über die Rechtmäßigkeit des sogenannten Dritten Weges der Kirchen wird in diesem Jahr ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt erwartet. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat im Jahr 2011 kirchlich Beschäftigten ein Streikrecht zugesprochen. Die Diakonie legte daraufhin Revision beim BAG ein.

Theologische Argumente gesucht

Nach Ansicht des Diakoniemanagers Starnitzke könnte ein gemeinsamer Tarif mit nicht-kirchlichen Unternehmen der Sozialbranche Vorteile bringen. "Uns würde eine Solidarität untereinander helfen", sagte er dem epd. Auf diese Weise, hofft der Chef des großen evangelischen Unternehmens, wären "im Interesse unserer Klienten wieder angemessene Entgelte für unsere Arbeit durchsetzbar". Die Tatsache, dass die soziale Arbeit in einigen Bereichen unzureichend vergütet werde, habe diakonische Träger dazu veranlasst, Löhne zu senken, Betriebsteile auszugliedern und Leiharbeit einzuführen.

Der habilitierte Theologe forderte die Landeskirchen auf, "in einem theologischen Diskurs das eigene Selbstverständnis zu schärfen". Gefragt seien verständliche Argumente dafür, warum die Kirchen zu Recht eigene arbeitsrechtliche Regelungen für ihre Einrichtungen reklamierten. Dabei sei eine "logische Verbindung herzustellen zwischen dem Wirken Jesu Christi und den Aufgaben der modernen Diakonie".

Nach Artikel 140 des Grundgesetzes regeln die Kirchen ihre inneren Angelegenheiten eigenverantwortlich. Inwieweit dies im Konflikt mit Artikel 9 Grundgesetz steht, ist Gegenstand des Rechtsstreits zwischen der evangelischen Kirche und der Gewerkschaft ver.di. Artikel 9, Absatz 3 garantiert das Recht, "zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden". Es gilt für "jedermann und für alle Berufe".

epd