Griechenland-Sparpaket auf der Zielgerade
Griechenland-Verhandlungen im Finale? Neue Finanzhilfen sind greifbar nahe. Aber das hat natürlich seinen Preis und der heißt: Spart noch härter! Ministerpräsident Lucas Papademos trifft sich am heutigen Mittwoch in Athen mit den Chefs der drei Regierungsparteien, um das Paket zu billigen. Die neuen Sparanstrengungen sollen Forderungen der internationalen Geldgeber erfüllen. Das ist Voraussetzung für das neue 130 Milliarden Euro schwere Hilfspaket zugunsten des pleitebedrohten Landes.
08.02.2012
Von Daniel Rademacher und Birthe Blechschmidt

Ursprünglich war das Treffen für Dienstagabend geplant. Nach Angaben einer Sprecherin von Papademos' Büro mussten aber noch "Feinheiten" des Sparprogramms mit den Kontrolleuren der "Troika" aus EU, EZB und IWF abgestimmt werden.

Informationen des staatlichen Rundfunks zufolge soll es etwa 15 Seiten haben. Auf der Streichliste stehen neben Einschnitten im privaten Sektor auch Kürzungen der Ausgaben für Medikamente, für Rüstung sowie Kappung von Zuschüssen für Städte und Gemeinden. Papademos, ein parteiloser Finanzexperte, ist auf eine breite innenpolitische Unterstützung angewiesen.

Merkel gegen Eurozone ohne die Griechen

In den monatelangen Verhandlungen im griechischen Schuldendrama sind derweil echte Fortschritte erzielt worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält es für möglich, dass die Verhandlungen über neue Sparanstrengungen Athens bis Donnerstagabend abgeschlossen sind. Es sei denkbar, dass ein Bericht der internationalen Finanzkontrolleure - Voraussetzung für weitere 130 Milliarden Euro - bis dahin fertig sei. Ohne neue Hilfen wäre Griechenland bis Ende März pleite.

Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zeigte sich am Dienstag zuversichtlich. "Ich glaube, dass wir einer Einigung sehr nahe sind", sagte er in Brüssel.

Am Abend sprach sich Merkel erneut gegen einen Euro-Austritt Griechenlands aus. "Ich will, dass Griechenland den Euro behält. Ich werde mich nicht daran beteiligen, Griechenland aus dem Euro raus zu drängen. Das hätte unabsehbare Folgen", sagte Merkel vor Studenten bei einer Veranstaltung in Berlin. Griechenland habe wesentlich größere Chancen, als es heute wahrnehme.

"Letzte Pinselstriche": Verhandlungen mit Gläubigern und Troika

In Athen ging der Poker bis zur letzten Minute weiter weiter. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Regierungskreisen erfuhr, ist die Sparliste fertig. Informationen des staatlichen Rundfunks zufolge soll es etwa 15 Seiten haben. Papademos wollte sich noch am Dienstagabend erneut mit der "Troika" aus EU, IWF und EZB treffen. Dabei sollten die "letzten Pinselstriche" gesetzt werden, hieß es.

Im Programm stehen neben Einschnitten im privaten Sektor auch Kürzungen der Ausgaben für Medikamente, für Rüstung sowie Kappung von Zuschüssen für Städte und Gemeinden. Papademos, ein parteiloser Finanzexperte, ist auf eine breite innenpolitische Unterstützung angewiesen.

Außerdem traf sich Papademos auch mit dem Geschäftsführer des Internationalen Bankenverbandes IIF, Charles Dallara, sowie erstmals auch mit dem IIF-Präsidenten, dem Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Beobachter werteten dies als Hinweis, dass die parallel laufenden zähen Verhandlungen über einen Forderungsverzicht der privaten Gläubiger kurz vor dem Abschluss stehen könnten. Der Schuldenschnitt soll Athen den Planungen zufolge um Schulden im Ausmaß von 100 Milliarden Euro entlasten. Er ist ein wichtiger Baustein des neuen zweiten Hilfspaketes.

24-Stunden-Streik gegen Kürzungen

Insgesamt sollen 2012 weitere 4,4 Milliarden Euro eingespart werden. Geplant sind unter anderem kräftige Lohnkürzungen im Privatsektor zwischen 20 bis 30 Prozent. Die Regierung will zudem noch in diesem Jahr 15.000 Staatsbedienstete entlassen, bis 2015 sollen es 150.000 werden. Aus Protest gegen das neue Sparprogramm machten am Dienstag tausende Griechen mit einem 24-Stunden-Streik ihrem Ärger Luft. In Athen demonstrierten nach Schätzungen der Polizei rund 10.000 Menschen bei strömendem Regen gegen die massiven Sparpläne.

Am Rande kam es zu kleineren Zwischenfällen. Rund 200 rechtsorientierte Demonstranten versuchten, den Eingang des Parlaments zu erreichen. Sie forderten mit Sprechchören die Regierung zum Rücktritt auf, wie im Fernsehen zu sehen war. Zwei der Demonstranten trugen eine deutsche Fahne und eine Fahne mit einem faschistischen Symbol. Die Polizei setzte Reizgas ein. Ein Demonstrant zündete eine deutsche Flagge an.

Die Streiks legten den öffentlichen Verkehr in der Hauptstadt vielerorts lahm. Zu den Arbeitsniederlegungen hatten die beiden größten Gewerkschaftsverbände GSEE für den Privatsektor und ADEDY für die Beamten aufgerufen.

dpa