Montagabend in Berlin: ARD-Entertainer Thomas Gottschalk sitzt mit qualmender Zigarette in seinem Fernsehstudio und empfängt sein Publikum zur Show "Gottschalk Live": "Ist der Ruf erst einmal ruiniert, lebt sich's gänzlich ungeniert", kommentiert der ehemalige "Wetten, dass..?"-Präsentator sein wenig vorbildhaftes Benehmen. Dann legt er seine E-Zigarette beiseite und wendet sich dem Tagesgeschehen zu.
Eine Rückkehr ist ausgeschlossen
Ein gefundenes Fressen für ihn: Michelle Hunzikers Ankündigung, aus "Wetten, dass..?" auszusteigen. Wer immer es machen werde, sagt Gottschalk, der arme Kerl werde es jetzt wohl allein tun müssen. "Es gibt Gerüchte, dass ich wieder zum ZDF zurückgehe", fuhr Gottschalk fort. "Das geht nicht. Wenn man einmal den Laden zugemacht hat, kann man nicht mehr zurück."
Dabei hatte der 61-jährige Blondschopf die Gerüchteküche vor wenigen Tagen selber neu entfacht, als er in seiner neuen, quotenschwachen ARD-Vorabendshow sagte, er würde bei einem Anruf des ZDF-Programmdirektors ins Grübeln kommen. Eigentlich ja kein Wunder: Gottschalks einzig echter TV-Erfolg seit seinem Einstieg bei "Wetten, dass..?" 1987 war - eben "Wetten, dass..?". Das ist auch nach zwei Wochen ARD-Zugehörigkeit inzwischen klar. Hier ist er in der "Todeszone" angekommen, wie Gottschalk das Programmumfeld noch vor seinem ARD-Amtsantritt nannte.
Auch früher scheiterte Gottschalk schon
Schon sein erster großer Ausflug war eine Reise ins Ungewisse gewesen - mit unglücklichem Ausgang: Vom 28. September 1992 bis zum 27. April 1995 talkte der heute 61-Jährige bereits fremd, und zwar für RTL. Angesichts der hohen Erwartungen, die der damalige RTL-Geschäftsführer Helmut Thoma mit dem Neuzugang verknüpfte, fielen die Quoten recht mager aus. Dennoch erreichte Gottschalk mit seiner Late Night Show zuweilen vier Millionen Zuschauer, richtig viele im Vergleich zu heute - für Thoma aber zu mager.
Bis auf eine kleine Auszeit bei "Wetten, dass..?" riskierte der Blondschopf immer den Spagat zwischen dem ZDF und der Konkurrenz. Zwischen 1995 und 1997 stand er für Sat.1 für die Show "Gottschalks Haus Party" vor der Kamera. Mitunter schalteten mehr als sechs Millionen Zuschauer ein. Aus heutiger Sicht gigantisch, im damaligen Rahmen knapp ausreichend. Seine Sendung "Gottschalk kommt" im Anschluss an die "Haus Party" lief bis zum Jahr 2000 und ist heute nicht mehr der Rede wert.
Der Funke sprang nicht über
Danach konzentrierte sich der große Meister wieder auf das ZDF. Doch auch seine Seitensprünge beim eigenen Sender schafften nicht den ganz großen Durchbruch. Das gilt für die Reportagereihe "Gottschalk America"zwischen 2002 und 2004. Die zehn Folgen mit Inhalten aus Gottschalks Wahlheimat trafen auf dünne Publikumsresonanz, auch das Interesse an der auf acht Teile beschränkten Reihe "Gottschalk & Friends" im Sommer 2005 fiel für seine Verhältnisse bescheiden aus.
Der Versuch des ZDF, mit Gottschalk als Leitwolf den "Musical Showstar 2008" zu küren, war auch vom Quotenergebnis für das ZDF nicht zwingend genug, um diese Reihe ein oder zwei Jahre später vielleicht wieder neu aufzulegen. Ehrensache war Gottschalk dagegen immer die Benefizgala "Ein Herz für Kinder" kurz vor Weihnachten, die samstagabends immer recht ordentliche Quoten hatte, aber sowieso nie so sehr an den nackten Einschaltzahlen gemessen wird.
In der ARD kredenzt er nun seit gut zwei Wochen seinen Vorabendtalk, der im Grunde besser zur Late Night angesiedelt wäre. Die Quoten sprechen für sich: Nach 4,34 Millionen Zuschauern zum Einstieg am 23. Januar fiel das Interesse auf bis zu 1,40 Millionen Zuschauer zurück. Am Montag erholte sich "Gottschalk Live" wieder ein wenig auf 1,89 Millionen. Dennoch: Gottschalk steckt mitten in der "Todeszone".