In der deutschen Presselandschaft nimmt "Publik-Forum" eine Sonderstellung ein. Die Mehrheit der katholischen deutschen Bischöfe hatte die aus ihrer Sicht zu kritische Wochenzeitung "Publik" Ende 1971 eingestellt, drei Jahre nach deren Gründung. "Mit großem Pioniergeist und hoher Risikobereitschaft", so der Verlag, gründete der ehemalige "Spiegel"-Journalist und heutige Ehrenherausgeber Harald Pawlowski darauf mit der Leserinitiative Publik die Zeitschrift "Publik-Forum". Die erste Ausgabe erschien am 28. Januar 1972.
Die Ökumene ist Programm
"Publik-Forum" versteht sich als eine ökumenische Zeitschrift "ohne Bischöfe, aber auch ohne Banken und große Verlage". Die Zahl der Abonnenten stieg von 7.000 auf jetzt 36.000. Sitz ist das hessische Oberursel. Die Redaktion hat acht fest angestellte Redakteurinnen und Redakteure - und ein Büro in Berlin. Der jährliche Umsatz des Verlags beträgt nach eigenen Angaben gut vier Millionen Euro. Etwa drei Viertel davon stammen aus Abonnements, 16 Prozent aus dem Verkauf von Büchern und "Publik-Forum-EXTRA" - das sechsmal im Jahr Themen zur Spiritualität und Lebenskunst behandelt. Neun Prozent der Einnahmen fließen aus Anzeigen in den Verlag.
Kessler äußert sich froh über die Unabhängigkeit seiner Zeitschrift: "Es gibt bei uns keinen Eigentümer, der Privatgewinne aus dem Unternehmen zieht." Das Magazin erhält zudem keinerlei Subventionen. Die offenbar gute ökonomische Lage des Blattes ist nicht selbstverständlich.
In der religiös-kirchlichen Publizistik regiert dagegen eher der Rotstift. Unlängst hatte die katholische Kirche ihren 1946 gegründeten "Rheinischen Merkur" eingestellt. Die Beilage "Christ & Welt" für die Wochenzeitung "Die Zeit" trat im Dezember 2010 an dessen Stelle.
"Publik-Forum" wurde "aus einer innerkatholischen Opposition" heraus gegründet, erinnert Kessler an die Anfänge: "Es war aber nie ein katholisches Blatt, es war immer vom ökumenischen Gedanken durchdrungen".
In den ersten 20 Jahren nahmen innerkirchliche Diskussionen einen größeren Raum ein als heute - dazu kamen schon immer Fragen der sozialen Gerechtigkeit in Deutschland und weltweit. Heute gehe es stärker um unterschiedliche persönliche Glaubensvorstellungen und die Rolle der Religionen in einem säkularen Umfeld: "Wie können wir Wirtschaft, Gesellschaft und Kirchen zukunftsfähig machen, und was erfordert das von den Menschen?"
Wunsch nach "mehr Gelassenheit"
Der christliche Glaube befindet sich zurzeit in einer radikalen Wandlung, ist sich Kessler sicher. Nicht nur die großen Kirchen verlören an Bedeutung, auch die seit Jahrhunderten geltenden christlichen Dogmen würden infrage gestellt. Kessler: "Es gibt sehr viele Leute unter unseren Lesern, die nicht glauben, dass es einen Gott gibt, der in die Welt eingreift." Viele glaubten zudem nicht an die kirchliche Lehre, dass Jesus Gottes Sohn war. Diese Leute versuchten aber dennoch, nach christlichen Werten zu leben.
Kessler zufolge werden Diskussionen um den christlichen Glauben im Heft viel intensiver geführt als früher. Nichts bleibe unhinterfragt, kein Bekenntnis habe einfach nur Gültigkeit, weil es "schon immer" so sei.
Das Verhältnis zur katholischen Amtskirche sei nach wie vor angespannt, räumt Kessler ein: "Es gibt Bischöfe, die uns - vorsichtig gesagt - stark ablehnen, es gibt Bischöfe, die uns ignorieren, und es gibt eine kleine Gruppe von Bischöfen, die mit uns ein professionelles Verhältnis pflegen." Für die Zukunft wünscht sich Kessler mehr Gelassenheit der katholischen Bischöfen im Umgang mit "Publik-Forum". "Aber es ist natürlich so", räumt der Journalist ein, "dass die katholische Kirche insgesamt kein gelassenes Verhältnis zu den Medien hat."
Am Sonntag, 12. Februar, findet in Frankfurt am Main die Festveranstaltung zum Jubiläum statt. Unter den Gästen werden der katholische Sozialethiker Friedhelm Hengsbach und die Grünen-Politikerin Christa Nickels erwartet.