Kuba-Embargo: Fünf Jahrzehnte Handelskrieg in der Karibik
1962 belegten die USA Kuba mit einem Handelsembargo, um die Kommunisten in die Knie zu zwingen - bislang vergeblich. Doch für das Regime in Havanna sind die Sanktionen bis heute die Rechtfertigung für Missstände und Repression. Nun könnten Ölbohrungen die Lage ändern.
06.02.2012
Von Matthias Knecht

Bevor die Ölplattform in kubanischen Gewässern aufgestellt werden durfte, kletterten Mitte Januar US-Inspekteure auf die Anlage. Sie sollten sicherstellen, dass die Bohrinsel des Erdöl-Multis Repsol-YPF weniger als zehn Prozent Teile aus US-Fertigung enthält. Nur so konnte die Einhaltung des US-Wirtschaftsembargos gegen Kuba sichergestellt werden, das den Handel zwischen den beiden Ländern seit 50 Jahren einschränkt.

In Kuba dient die Blockade als Erklärung für alles

Denn die USA wenden die Sanktionen aus der Zeit des Kalten Krieges bis heute unerbittlich an, obwohl es 20 UN-Resolutionen dagegen gibt. Geburtsstunde des Embargos ist der 7. Februar 1962. Die USA stellten damals den ohnehin schon geringen Handel mit Kuba annähernd ein, als Antwort auf die Enteignung von US-Unternehmen auf der Karibikinsel. Seit 1959 regierten dort die Kommunisten, unter Führung von Fidel Castro.

Das Embargo wurde seither in vielen Einzelgesetzen verankert. Das wichtigste ist der Helms-Burton-Act von 1996, der auch ausländische Unternehmen in den USA sanktioniert, sollten sie Handel mit Kuba betreiben. Zu spüren bekam das 2004 die Schweizer Großbank UBS. Sie musste 100 Millionen Dollar Bußgeld zahlen, weil sie Kuba mit Dollarnoten versorgt hatte.

Kubas Regierung beziffert den bisherigen Schaden aus dem Embargo auf 975 Milliarden Dollar. Wie diese astronomische Summe zustande kommt, ist aber nicht bekannt. Nicht nur die Regierung, auch die Mehrheit der als illegal erachteten Opposition fordert ein Ende des Embargos. Nach Ansicht des Dissidenten Oscar Espinosa liefert es dem Regime nur einen willkommenen Vorwand, vom eigenen Scheitern abzulenken: "Ganz gleich, ob es nichts zu essen gibt, der öffentliche Verkehr nicht funktioniert oder Krankenhäuser und Schulen verfallen - Schuld daran ist immer die angebliche Blockade."

Reger Handel mit Übersee

Auch Espinosa bekam die Folgen des Embargo-Kriegs zu spüren, als er Kontakt zu US-Senatoren aufnahm, um sie zur Aufhebung der Sanktionen zu bewegen. Für den "Feindkontakt" wurde er 2003 zu 20 Jahren Haft verurteilt, kam aber 2004 aus gesundheitlichen Gründen frei. Grundlage war Kubas Gesetz Nr. 88. Es war die Antwort auf das Helms-Burtons-Gesetz und bestraft drakonisch, wer mit US-Medien redet und nicht genehme Informationen preisgibt.

Espinosa gibt darum den USA eine Mitschuld an der Repression in Kuba: "Die totalitären Regime benötigen einen externen Feind, um ein Klima der Angst aufrecht zu erhalten." Entgegen dem ursprünglichen Zweck habe das Embargo damit Fidel Castro - und seinem Bruder und Nachfolger Raúl genutzt.

Auf Druck von US-Farmern und Exilkubanern ließen die USA aber auch Ausnahmen zu. Die USA sind damit trotz des Embargos Kubas fünftgrößter Handelspartner, mit Exporten in Höhe von mehr als vier Milliarden Dollar seit 2001. Bei Agrarprodukten sind die USA gar der wichtigste Lieferant. Hinzu kommen die Überweisungen der Exilkubaner an ihre Familien, die pro Jahr auf 850 Millionen Dollar geschätzt werden. Das Hauptgeschäft mit Kuba machen aber Europa und Kanada, trotz aller Sanktionsdrohungen der USA.

Embargo-Ende wegen Öl im Meer?

Dennoch hält Washington am Embargo fest. Es werde erst aufgehoben, wenn es in Kuba Anzeichen für eine "wirkliche Demokratie" gebe, sagt die Staatssekretärin im Außenministerium, Wendy Sherman. Rechtlich sind die Hürden noch höher: Laut Helms-Burton-Gesetz gilt das Embargo auch für ein demokratisches Kuba. Es darf erst aufgehoben werden, wenn Kuba alle enteigneten Unternehmen entschädigt. "Das ist völlig unwahrscheinlich", schreibt dazu der unabhängige kubanische Journalist Iván García: "Kuba hat Milliarden von Dollar Schulden auf der ganzen Welt."

Das Ende des Embargos könnte dennoch schneller kommen, als Washington und die Gesetze es vorsehen. Anstoß für die jetzige Debatte gab die Bohrinsel, die nun 50 Kilometer nördlich von Havanna im Meer steht, wo 20 Milliarden Barrel (je 159 Liter) Öl vermutet werden. Beteiligt sind Unternehmen aus China, Indien, Norwegen und Spanien. Brasilien und Venezuela wollen Raffinerien bauen.

Obwohl fast in Sichtweise gelegen, bleiben die US-Ölkonzerne außen vor. Mark Jones, Professor im Ölmekka Texas, glaubt nicht, dass die US-Unternehmen lange tatenlos zuschauen werden: "Je größer die Fördermengen sein werden, desto größer wird der Druck für eine komplette Revision des Wirtschaftsembargos sein."

epd