Demonstrationen: Moskau rüstet sich für die Wahlen
Einen Monat vor der russischen Präsidentenwahl haben sowohl Gegner als auch Anhänger von Kreml-Kandidat Putin Zehntausende für Proteste mobilisiert. Bei eisiger Kälte lieferten sich Opposition und Putin-Lager einen "Zahlenkrieg" darum, welche Seite stärker ist.

Bei Massendemonstrationen in Russland haben Gegner und Anhänger von Präsidentenkandidat Wladimir Putin insgesamt rund 200.000 Menschen auf die Straße gebracht. Die Zahl der Putin-Kritiker lag laut Polizei am Samstag noch einmal höher als bei den bislang größten Anti-Regierungsprotesten seit 20 Jahren.

Demnach versammelten sich bei eisigem Frost von fast minus 20 Grad Celsius etwa 36.000 Putin-Gegner in Moskau, rund 7.000 mehr als am 24. Dezember. Die Opposition sprach dagegen sogar von 120.000 Teilnehmern, die eine ehrliche Präsidentenwahl am 4. März sowie mehr politische Freiheiten und einen demokratischen Wandel forderten.

Das Lager von Putin (59), der nach zwei Amtszeiten von 2000 bis 2008 erneut in den Kreml strebt, brachte 138.000 Unterstützer auf die Straße, wie die Polizei nach Angaben der Agentur Interfax mitteilte. Unabhängige Angaben lagen nicht vor. Der Radiosender Echo Moskwy sprach von einem "Zahlenkrieg" bei dieser vom Machtapparat inszenierten Gegenkundgebung. Staatsmedien berichteten, 

Medien berichten vom Zwang zur Teilnahme an der Pro-Putin-Kundgebung

Mehrere unabhängige Medien hatten zuvor von Druck auf Lehrer und Beschäftigte von Staatsbetrieben berichtet, die zur Teilnahme an der Pro-Putin-Kundgebung verpflichtet worden seien. "Putin ist super!" und "Chaos - nein, Putin - ja!" war auf Transparenten zu lesen. Dagegen forderten Anhänger der Opposition ein Macht-Ende für den seit zwölf Jahren in verschiedenen Ämtern regierenden Putin. "Putin, hau ab!" hatten viele Regierungsgegner auf ihre Plakate geschrieben.

An der Kundgebung nahm auch der Multimilliardär und Präsidentenkandidat Michail Prochorow teil, der Putin in eine Stichwahl zwingen will. Die Demonstranten, darunter viele Bürgerrechtler und Intellektuelle, forderten aber vor allem auch die Zulassung des von der Abstimmung ausgeschlossenen prominenten Oppositionspolitikers Grigori Jawlinski. Der Mitbegründer der liberalen Jabloko-Partei forderte die demokratisch gesinnten Kräfte in seiner Rede zur Einheit auf.

Die Pro-Putin-Aktion hingegen stand nach Angaben der Organisatoren von der kremltreuen Partei der Patrioten im Zeichen der Stabilität. Das Lager des Regierungschefs hatte nach Bekanntwerden der Oppositionspläne für neue Massenproteste erstmals die Initiative ergriffen, nicht mehr nur den Andersdenkenden den politischen Kampf auf der Straße zu überlassen.

Zum ersten Mal überhaupt war einen Protestzug der Opposition durch Moskau zugelassen

Putin selbst hielt sich am Samstag in der Stadt Tscheljabinsk rund 1.900 Kilometer östlich von Moskau auf. Falls die Organisatoren der Pro-Putin-Demonstration eine Strafe dafür zahlen müssten, dass mehr Unterstützer kamen als angemeldet, sei er bereit, Geld beizulegen, sagte der Präsidentenkandidat. Bereits zuvor hatte er betont, er sei wie seine Unterstützer gegen eine Revolution in Russland.

Die Behörden hatten zum ersten Mal überhaupt einen Protestzug der Opposition mit angemeldeten 50.000 Demonstranten durch das Zentrum der russischen Hauptstadt zugelassen. Die Gegner Putins fürchten, dass nach der von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl vom 4. Dezember 2011 Putin nun aufgrund einer manipulierten Präsidentenwahl zum dritten Mal in den Kreml einziehen könnte. Allerdings gilt Putin als der mit Abstand beliebteste Politiker.

Allein in Moskau waren 9000 Sicherheitskräfte im Einsatz. Die Agentur Interfax meldete aus zahlreichen Städten Kundgebungen mit insgesamt mehreren tausend Teilnehmern. In der zweitgrößten Stadt St. Petersburg gingen nach Angaben der Organisatoren 30 000 Menschen auf die Straße. Die Proteste seien friedlich abgelaufen, hieß es.

dpa