TV-Tipp: "Ein Drilling kommt selten allein" (ARD)
Linda Rosenau leitet Deutschlands erfolgreichste Frauenzeitschrift - ein Magazin mit journalistischem Ehrgeiz. Die neuen Eigentümer erwarten eine höhere Rendite, und allzu viel Anspruch schadet da ihrer Meinung nach nur.
03.02.2012
Von Tilmann P. Gangloff

"Ein Drilling kommt selten allein", 10. Februar, 20.15 Uhr im Ersten

Hin und wieder fällt die ARD-Tochter Degeto mit ihren Freitagsfilmen noch ins alte Muster zurück, aber tatsächlich nur noch in Ausnahmefällen; dem bösen und lange Zeit berechtigten "Süßstoff"-Image zum Trotz bietet der Termin schon geraume Zeit richtig gute, oft originelle und fast immer vorzüglich gespielte und inszenierte Filme. Auch "Ein Drilling kommt selten allein" gehört zu den Geschichten, die keineswegs bloß bei der Zielgruppe "weiblich, fünfzig plus" funktionieren; auch wenn zwei ältere Herrschaften im Zentrum stehen. Aber Günther Maria Halmer ist ohnehin ein Evergreen, und auch Thekla Carola Wied kommt diesmal ungewohnt flott daher. Muss sie aber auch, schließlich leitet Linda Rosenau Deutschlands erfolgreichste Frauenzeitschrift: kein Klatsch- oder Lifestyle-Blatt, sondern ein Magazin mit journalistischem Ehrgeiz.

Die Kuckuckskinder

Allerdings gerät "Marlene" gerade in Turbulenzen: Die neuen Eigentümer erwarten eine höhere Rendite, und allzu viel Anspruch schadet da ihrer Meinung nach nur. Deshalb kann Linda den Notruf ihrer Tochter Leonie (Julia Brendler) gerade gar nicht brauchen: Leonies Mann ist auf und davon, nachdem er rausgefunden hat, dass ihm die Gattin Kuckuckskinder untergejubelt hat, und zwar gleich drei auf einmal. Und weil Leonie mit den Drillingen ohnehin völlig überlastet ist, klappt sie zusammen; nun muss sich notgedrungen Linda um die Enkelschar kümmern. Natürlich soll die Seite des Vaters, einer gefühlsintensiven Flüchtigkeitsbekanntschaft, nicht ungeschoren davon kommen, und da der Erzeuger Richtung Himalaya unterwegs ist, muss eben der Großvater dran glauben. Jakob Buchmann (Halmer), ein frisch pensionierter verwitweter Lateinlehrer, entpuppt sich allerdings als verknöcherter Korinthenkacker, der seinerseits dabei ist, nach Kanada auszuwandern. Aus Sicht des Oberstudienrats lebt die Chefredakteurin mit ihrem vermeintlich spätrömisch-dekadenten Lebensstil in einer völlig anderen Welt.

Wie sich diese beiden komplett konträren Charaktere mit Hilfe der drei Wonneproppen, die sie naturgemäß permanent auf Trab halten, langsam näher kommen, ohne es sich oder gar dem anderen einzugestehen, ist große Komödie; vor allem, wenn sich die beiden im Flüsterton angiften, um die Kinder nicht zu wecken. Herrlich sind auch die vielen kleinen Einfälle, etwa wenn Buchmann für die Babys in Linda Whirlpool eine Seeschlacht mit bunten Papierbooten nachstellt. Außerdem unterfüttert Autor Martin Douven die Handlung mit diversen Nebenschauplätzen. So ahnt zum Beispiel niemand, dass sich der Kindsvater (Jens Atzorn) nur ein paar Klinikzimmer von Leonie entfernt aufhält: Thomas Buchmann hatte auf dem Weg zum Flughafen einen Unfall und liegt im Koma.

Parallel zur Zwangsgemeinschaft der beiden Großeltern sorgt auch der Generationenkonflikt für so manches Verbalscharmützel, so dass die von Dietmar Klein ohnehin flott und abwechslungsreich in Szene gesetzte Komödie für alle Altersgruppen ein großes Vergnügen darstellt. Eine weitere heitere Note bekommt das Lustspiel durch Martin Feifels parodistische Verkörperung eines unübersehbar von Karl Lagerfeld inspirierten extravaganten Modeschöpfers mit diversen Macken.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).