Messetrends: Schrille Nacht, heilige Nacht?
Die Weihnachtsmesse "Christmasworld", die am Dienstag zu Ende gegangen ist, zeigt Trends für das nächste Fest. Wenn es nach den Designern geht, wird Weihnachten 2012 knallbunt. Daran hat auch die Wirtschaftskrise Anteil.
31.01.2012
Von Jasmin Maxwell

In Rudi Tuinmans fröhlicher Weihnachtswelt hängen in diesem Jahr keine Kugeln, sondern bunte Blumen am Christbaum. Ein riesiger Weihnachtsbaum, der über und über mit leuchtenden Blüten besetzt ist, bildet das Herzstück von Tuinmans Weihnachtslandschaft. Der niederländische Designer ist einer von 950 Ausstellern auf der Messe "Christmasworld" in Frankfurt am Main, die am Dienstag zu Ende gegangen ist.

Die "Christmasworld" zeigt Trends für das nächste Weihnachtsfest und ist nach Angaben der Veranstalter die weltweit größte Fachmesse für Weihnachts- und Festschmuck. Aussteller aus rund 70 Ländern präsentierten dort seit Freitag ihre Produkte: von blinkender Außenbeleuchtung über Weihnachtskrippen bis hin zu Christbaumkugeln. Im vergangenen Jahr besuchten 31.500 Fachbesucher die Messe, die zu etwa gleichen Teilen aus dem In- und Ausland kamen. In diesem Jahr seien die Besucherzahlen nach vorläufigen Zählungen auf gleichem Niveau gewesen, sagte eine Sprecherin der Messe.

Nach Weihnachten ist vor Weihnachten

Dass schon im Januar Weihnachtstrends gezeigt werden, hänge mit den Produktions- und Lieferzeiten zusammen, sagte "Christmasworld"-Leiterin Eva Olbrich. Auf der Messe bestellen Händler Weihnachtsschmuck für den Einzelhandel. "Weil die Artikel oft in Asien hergestellt werden, ist für Produktion und Transport eine lange Vorlaufzeit nötig." Schließlich sollen die ersten Weihnachtsartikel schon Ende September in den Läden hängen. Ab dem Frühjahr 2012 macht sich Messe-Leiterin Olbrich dann schon wieder Gedanken über die Trends für Weihnachten 2013.

Die Trends, die auf der "Christmasworld" gezeigt werden, gibt seit Jahren das Stilbüro bora.herke.palmisano vor. An seinen Entwürfen orientieren sich die Aussteller, die auf der "Christmasworld" ihre Produkte zeigen. Die Designer des Stilbüros präsentiert die Trends in Reinform auf der Messe in entsprechend dekorierten Räumen. In diesem Jahr stehen sie unter Oberbegriffen wie "Fancy Folk" oder "Cool Vibrancy". Mit klassischem Weihnachtsschmuck hat das meist nur noch am Rande zu tun: Beim Thema "Fancy Folk" etwa hängen Sektgläser und Christbaumkugeln in Form von Knoblauchknollen (Foto links: Anika Kempf) am Weihnachtsbaum. Daneben stehen mit Blumen bedruckte Cowboystiefel.

Anspielungen auf den christlichen Ursprung von Weihnachten findet man in den Trendausstellung des Stilbüros bora.herke.palmisano und auch in der Schau des niederländischen Designers Tuinman dagegen nicht. Auf christliche Symbole habe sie bewusst verzichtet, sagte Designerin Annetta Palmisano. "Auf die Messe kommen Kunden aus der ganzen Welt, da wollen wir neutral bleiben." Auch Tuinnman betonte, er wolle niemanden vor den Kopf stoßen. "Wir sehen Weihnachten einfach als ein fröhliches Fest." Deswegen verzichte er auf religiöse Symbole. Die einzige Ausnahme: In seiner Weihnachtswelt sitzen vereinzelt Buddhas zwischen goldenen Christbaumkugeln.

Einer der wichtigsten Trends in diesem Jahr seien knallige Farben, sagte Designerin Annetta Palmisano. Ihre Inspiration nehmen die Stilexperten aus Mode, Architektur und Kunst. Dabei zeige sich, dass sich Mode- und Dekorationstrends oft gegenläufig zur Wirtschaftslage entwickelten, sagte Palmisano: "Es ist auffällig, dass bunte Farben gerade in Zeiten mit großen Problemen und Sorgen wichtig werden." Auch Designer Tuinman betonte, er wolle mit der knallbunten Weihnachtswelt einen Gegensatz zur Wirtschaftskrise aufbauen. "Wir haben in der aktuellen Krisenzeit bewusst das Thema Fröhlichkeit ausgewählt", sagte der Niederländer.

Bunter Weihnachtsschmuck statt Urlaubsreise?

Die Wirtschaftskrise macht den Christbaum aber nicht nur bunter, sondern auch üppiger. Denn am Weihnachtsschmuck sparen die Deutschen zuletzt, glaubt Aussteller Arnold Maier. "Wenn kein Geld für den Urlaub da ist, erfüllen sich die Menschen kleine Wünsche." Auch Detlef Semela, Vertriebsleiter eines Geschenkartikel-Importeurs, betonte, die Weihnachtsbranche profitiere von der Wirtschaftskrise: "Wenn die Leute weniger Geld haben, wollen sie immerhin ihr Haus verschönern, denn das ist noch bezahlbar." Man spare dann eher an Reisen oder an teurem Schmuck.

Ob die knalligen Trends von der "Christmasworld" beim Normalverbraucher ankommen, ist dennoch fraglich. "Die Trends dienen als Inspiration, da kann sich jeder einzelne Produkte heraussuchen", sagte Designerin Palmisano. Trends wie Neonröhren-Beleuchtung und bunte Glaskolben, die an ein Chemielabor erinnern, seien wohl eher in Schaufenstern oder Showrooms als im Wohnzimmer umsetzbar, räumt sie ein. "Weihnachtstrends ändern sich nicht so stark wie die Moden für Kleidung." Es gebe da eher von Jahr zu Jahr eine Weiterentwicklung von bestehenden Strömungen, sagt sie. Ein Trend, der seit Jahren anhalte, sei etwa die Inspiration durch die Natur.

Der niederländische Designer Tuinman glaubt, dass die Deutschen im Vergleich zu seinen Landsleuten beim Weihnachtsschmuck eher konservativ sind. Wenn es nach ihm ginge, würde man in diesem Jahr knallpinke Weihnachtsstrümpfe mit aufgedruckten Pfefferkuchenmännern über den Kamin hängen und den Christbaum in allen Farben des Regenbogens beleuchten. Doch er bleibt realistisch: "In der Weihnachtsbranche wird 20 Prozent des Umsatzes mit Trendartikeln gemacht", sagte er. 80 Prozent mache aber traditioneller Weihnachtsschmuck aus.

epd