Bei seinem motorisierten Schneeräumbesen hat Rudolf Schäfer schon vor Wochen Ölstand, Reifendruck und Benzinkanister überprüft - trotz Plusgraden. Jetzt kommen im Gepäck von Hoch "Helga" und Tief "Cooper" Frostgrade und stärkerer Schneefall erstmals bis ins Flachland. Mehr als 25 Jahre Erfahrung haben den 61-Jährigen Küster der Riddagshäuser Klosterkirche in Braunschweig gelehrt: "Wenn Schnee und Eis plötzlich da sind, muss sofort alles parat sein, damit man dagegen angehen kann." Wie zur Bestätigung klopft er gegen den vollen Kasten Streugranulat direkt neben der Kirche.
Schäfer ist Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Küsterbundes. Dem Zusammenschluss gehören bundesweit zwölf regionale Verbände mit etwa 5.800 Kirchendienern an. Die Küster oder Messner - mancherorts auch Kirchenvogt oder Kirchner genannt - sorgen für den reibungslosen Ablauf von Gottesdiensten. Zudem kümmern sie sich um Pflege und Erhaltung von Gebäuden und Anlagen. "Wir sind aber weit mehr als nur Hausmeister", betont Schäfer.
Ohne schwere Schneefräse und Streuwagen geht gar nichts
Wie seine Kollegen ist er dafür verantwortlich, dass Menschen das Gemeindezentrum auch bei Eis und Schnee sicher erreichen können, und dass rund um die Kirche im tiefsten Winter niemand zu Fall kommt. Im Oberharz oder in Alpennähe geht dabei oft ohne schwere Schneefräse und Streuwagen gar nichts. Dagegen kommt manche Kirche in der Heide oder an der Küste mit einem einfachen Reisigbesen und Sandeimer aus.
Rudolf Schäfer überprüft vor der Frauenkapelle in Braunschweig-Riddagshausen den Ölstand und alle Funktionen an seinem motorisierten Schneeräumer. Foto: epd-bild/Bjoern Schlueter
"Verkehrs- und unfallsichere Herrichtung und Erhaltung der Gottesdiensträume sowie ihrer Zu- und Abwege", lautet der Dienstauftrag im Beamtendeutsch. "Natürlich gibt es Ehrenamtliche, die in Gemeinden fleißig mithelfen", sagt Schäfer: "Aber solche Pflichten kann und sollte man nicht auf sie abschieben." Auch den wachsenden Trend, externe Firmen mit dem Schneeräumen zu beauftragen, sieht er mit Sorge. "Da werden unsere Stellen gestrichen und der finanzielle Aufwand für Gemeinden erhöht sich schlimmstenfalls."
Wie jeder Haus- und Grundbesitzer seien auch Kirchengemeinden in der gesetzlichen Pflicht, Gehwege von Schnee, Eis oder Laub frei zu halten. "Wenn die Arbeit aber nur nach einem losen Arbeitsplan halbherzig gemacht wird, kann es erst schmerzhaft für einen Menschen und dann teuer für die Gemeinde werden", mahnt Schäfer. Schneefall sei eben nicht planbar, schon gar nicht in diesem bisher sehr milden Winter. Daher müsse die damit einhergehende Arbeit verbindlich von seinem Berufsstand sichergestellt werden.
Küster sein ist "mehr als bloß ein Job"
Er selbst hat in seinen langen Dienstjahren schon manches Wochenende erlebt, an dem er statt am Gottesdienst teilzunehmen draußen vor der Kirche im Schneeanzug mit dem Räumgerät seine Bahnen gezogen hat. "Allein der Weg einmal um die Riddagshäuser Kirche herum ist gute 300 Meter lang. Wenn ich da rum bin, kann ich bei richtigem Schneefall gleich wieder von vorne anfangen", sagt Schäfer.
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Die Zeit von November bis in den Februar bedeute für ihn und seine Kollegen traditionell viel Arbeit. "Da sind ja auch ohne Schneemassen oder Eis viele Veranstaltungen, die von Küstern zusätzlich vorbereitet werden müssen", erklärt Schäfer. Extreme Überstunden seien in der Vergangenheit keine Seltenheit gewesen. Ausbezahlen lassen könne er sich die Arbeit nicht. "Entweder nach dem Winter abbummeln, oder gleich der Gemeinde schenken, so habe ich das immer gemacht."
Er nimmt wechselhafte Wetterlagen im Winter als nur eine von vielen Herausforderungen. Viel größere Sorge bereitet ihm, dass immer weniger Mittel für seinen Berufsstand in den Gemeinden zur Verfügung stehen und damit Arbeitskraft und Wissen verloren gehen. "Ein Küster arbeitet im Haus Gottes", sagt Schäfer. "Er kennt es wie sein Wohnzimmer, hält es sauber, richtet es her und macht es stets gut erreichbar. Das ist mehr als bloß ein Job."