Aufklärung der Neonazi-Morde "braucht Zeit und Geduld"
Mit Akribie und Ausdauer erfassen die Ermittler das Umfeld des Zwickauer Terror-Trios. Generalbundesanwalt Range gibt sich bescheiden - aber scheint sich seiner Sache doch recht sicher.
26.01.2012
Von Jochen Neumeyer

Das Puzzle um die terroristische Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" scheint sich langsam zu sortieren. Zwar bleibt es weiterhin rätselhaft, wie die mutmaßlichen Neonazi-Terroristen 13 Jahre lang unentdeckt im Untergrund leben und morden konnten - doch bei der Aufarbeitung der Terrorserie geben sich die Ermittler keine Blöße.

Am Mittwochmorgen durchsuchten mehr als 100 Beamte Wohnungen und Geschäfte von mutmaßlichen Unterstützern des Zwickauer Terror-Trios. Nachmittags trat Generalbundesanwalt Harald Range vor die Presse, wie immer zuvorkommend, freundlich, ruhig. "Die Ermittlungen lassen es zu, dass ich Ihnen heute diesen Zwischenstand geben kann", sagt der 63-Jährige.

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Range ist ein Mann der leisen Töne - er schreit keine Erfolge heraus, sondern berichtet nüchtern über den Stand der Dinge. Etwa, was die Haftbeschwerde von Beate Zschäpe angeht. Die 36-Jährige ist die einzige Überlebende der drei mutmaßlichen Terroristen. Zschäpe ist für die Ermittler extrem wichtig, denn eine terroristische Vereinigung muss mindestens drei Mitglieder haben - und wenn Zschäpe die Mitgliedschaft nicht nachzuweisen wäre, dann würde auch ein guter Teil der Vorwürfe gegen die mutmaßlichen Unterstützer in sich zusammenfallen.

Eine Zeitlang sah es zumindest in der öffentlichen Berichterstattung so aus, als könnte genau das passieren. Zschäpes Anwälte hatten Haftbeschwerde eingelegt - nach den ihnen zur Verfügung gestellten Akten bestehe kein dringender Tatverdacht. Nun konterte die Bundesanwaltschaft mit Masse: 17 Aktenordner legten sie dem Bundesgerichtshof vor.

Überzeugte Ermittler

Range trägt das im Stil eines Buchhalters vor; es gibt keinen verbalen Krieg, sondern viel Papier. "Beweise, die in ihrer Gesamtschau nach unserer Überzeugung den dringenden Tatverdacht begründen", sagt Range. Das klingt nicht gerade nach rauchendem Colt, also einem einfachen, klaren Beweis - sondern nach einem Ermittler, der sich seiner Sache ziemlich sicher ist, um sie derart bescheiden zu präsentieren. Mit einer Entscheidung über die Haftbeschwerde ist wohl erst im Februar zu rechnen.

Ebenso nüchtern listet Range das Ergebnis der bisherigen Beweissuche auf: 5.000 aufgefundene Gegenstände, 3.000 weitere Spuren wie etwa Fingerabdrücke, mehr als 110.000 Euro Bargeld und mehr als 4.000 Euro in Reiseschecks. Hinzu kommen mittlerweile rund 850 Hinweise aus der Bevölkerung und 9 Terabyte an Daten. Vor allem davon versprechen sich die Ermittler "wesentliche Ergebnisse", sagt Range.

Vor allem die Unterstützer des Terror-Trios sollen nun gefasst werden. Mittlerweile ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen elf Beschuldigte. Es würde nicht überraschen, wenn noch weitere hinzukämen. Range scheint sich auf längere Ermittlungen einzustellen: Man brauche "Zeit und Geduld", mahnt er.

dpa