"Stralsund – Blutige Fährte", 30. Januar, 20.15 im Zweiten
"Sag es mit Blumen", hat ein Versandhandel einst dafür geworben, seinen Lieben von Zeit zu Zeit einen Strauß vorbeibringen zu lassen. Der Mann mit den Malven stellt seine Blumen lieber persönlich zu, doch die Freude der beschenkten Damen währt nur kurz. "Blutige Fährte" ist der treffende Titel des dritten "Stralsund"-Krimis: Leichen pflastern den Weg des Frauenhassers.
Die Reihe hat sich ohne großes Aufhebens, aber umso größeren Erfolg am ZDF-Montag etabliert. Das hat vor allem zwei Gründe: ungewöhnliche Geschichten und interessante Figuren. Die Drehbücher stammen vom Duo Sven S. Poser und Martin Eigler, die auch schon die ZDF-Reihe "Solo für Schwarz" geschrieben haben; Eigler führt dabei stets Regie. Im Gegensatz zu den Krimis mit der verstorbenen Barbara Rudnik liegt der große Reiz der Filme aus der Ostsee-Stadt in den Beziehungen zwischen den Ermittlern: Nina Petersen und Benjamin Lietz (Katharina Wackernagel, Wotan Wilke Möhring) sind mal ein Paar, dann wieder nicht, was die Zusammenarbeit nicht gerade erleichtert. Der neue Chef Meyer (Michael Rotschopf) kommt aus der Internen Ermittlung, weshalb ihm mit allgemeinem Misstrauen begegnet wird; außerdem ist er ein arroganter Schnösel. Und Veteran Hidde (Alexander Held) hat ihm letzten Fall ein Bein verloren und muss Meyer nun beweisen, dass er es noch drauf hat.
Wettlauf mit dem Tod
Aber Poser und Eigler lassen diese Zu- und Abneigungen nie die Geschichte dominieren, im Vordergrund steht stets der Krimi. Da sich die Handlung nur über 36 Stunden erstreckt, wirkt sie zudem ähnlich wie die "Nachtschicht"-Filme höchst komprimiert. Eile ist vor allem deshalb geboten, weil der Mörder seine Chronik des Todes indirekt angekündigt hat. Der Mann hatte rein akustische Beziehungen zu mehreren Damen einer Flirt-Hotline. Da er vor allem vom weiblichen Teil der Welt zutiefst enttäuscht ist, will er seinen Zorn an den Frauen (unter anderem Sandra Borgmann und Isabell Gerschke) auslassen. Zwei hat er schon mit seinen Malven beehrt; vier Sträuße hat er gekauft.
Eigler inszeniert den Wettlauf mit dem Tod auch dank einer mitunter fast zu dynamischen Kamera, die den Figuren immer wieder ins Gesicht ruckelt (Bildgestaltung: Christoph Chassée), als fesselnden Polizeithriller mit immer wieder überraschenden Wendungen. Die Ermittler kommen dem von Manuel Rubey als durchaus charmantes einsames Herz verkörperten Mörder ohnehin nur durch Zufall auf die Spur, als Lietz und seine Kollegen während einer Razzia plötzlich beschossen werden und der Kommissar der fahrlässigen Tötung beschuldigt wird, weil er offenbar einen Unschuldigen erschossen hat. Darüber hinaus beschert "Blutige Fährte" ein Wiedersehen mit dem vor knapp einem Jahr bei einem Unfall ums Leben gekommenen Dietmar Mues, der in den "Stralsund"-Filmen den dementen Vater von Nina Petersen verkörpert und beim Finale eine entscheidende Rolle spielt. Mues ist der Film auch gewidmet.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).