TV-Tipp des Tages: "Tatort: Schmuggler" (ARD)
Klara Blum und Perlmann suchen den Mörder eines Zollbeamten. Als endlich die falschen Fährten abgegrast sind, führt die Spur direkt ins Zollamt.
26.01.2012
Von Tilmann P. Gangloff

"Tatort: Schmuggler", 29. Januar, 20.15 Uhr im Ersten

Die "Tatort"-Krimis vom Bodensee sind mal spannend, mal langweilig, aber eins sind sie nur ganz selten: witzig. Insofern fällt Jürgen Bretzingers Beitrag aus dem Rahmen: Sein Film erheitert immer wieder mit ausgesprochen komischen Momenten. Dafür sorgen schon allein die ausgefallenen Verstecke, in denen einige Zeitgenossen ihr Geld über die Grenze schmuggeln wollen, darunter ein hohler Spazierstock oder eine ausgehöhlte Bibel. Mit dem schnöden Mammon im Buch aller Bücher lässt sich in amüsanter Gastrolle Christoph Nix erwischen, der Intendant des Konstanzer Stadttheaters. Sehr hübsch sind auch die Szenen mit einem etwas pingelingen Schweizer Anlageberater (Urs Jucker). Weil das Land und damit auch die Kripo Konstanz sparen müssen, sind die Zellen im Präsidium schon länger nicht geputzt worden. Also lässt sich der Mann erst mal einen Schrubber bringen. Kurz drauf war alles für die Katz, weil er nach getaner Arbeit Gesellschaft von einem ziemlich verdreckten Obdachlosen bekommt.

Aber das sind selbstredend nur Nebenschauplätze. Klara Blum (Eva Mattes) und ihr getreuer Perlmann (Sebastian Bezzel) suchen diesmal den Mörder eines Zollbeamten. Als endlich die obligaten falschen Fährten abgegrast sind und klar ist, dass der Mann nicht etwa das Opfers eines wütenden Dealers geworden ist, führt die Spur direkt ins Zollamt: Irgendjemand lässt sich dafür bezahlen, dass er an bestimmten Tagen und bei bestimmten Autos beide Augen zudrückt; nämlich immer dann, wenn besagter Anlageberater wieder mal einen Batzen deutsches Schwarzgeld am Fiskus vorbei in die Schweiz schmuggelt.

Suchhund Manni ist spezialisiert auf die Druckfarbe von Banknoten

Zunächst sieht es so aus, als sei der ermordete Zöllner ein vorbildlicher Beamter gewesen, der womöglich von den eigenen Kollegen zum Schweigen gebracht worden ist. Aber offenbar steckte er selbst mit drin; zumindest ist von seinem Dienstrechner eine Erpresser-Mail verschickt worden. Immerhin findet Klara Blum in Zöllnerin Schreiber (Julia Koschitz) eine Mitstreiterin. Sie ist Führerin eines auf die Druckfarbe von Banknoten dressierten Suchhundes, der sinnigerweise Manni heißt, was man ja auch als "Money" (Geld) verstehen kann. Als sich der Fahrer des Schweizers an die Beamtin ranmacht, fliegt der Schmuggel auf. Aber wer den Zöllner auf dem Gewissen hat, wissen die Ermittler immer noch nicht, denn sowohl der Chauffeur wie auch der Banker haben nachweislich ein Alibi.

Der Film basiert auf einem Drehbuch des erfahrenen Schreibduos Leo P. ARD (eigentlich Jürgen Pomorin) und Birgit Grosz, die auch viel für die ZDF-Reihe "Ein starkes Team" arbeiten; das erklärt die mitunter komödiantischen Züge. Neben der ungewohnt heiteren Note gelingt es ihnen und Bretzinger vor allem, die Identität des Mörders bis zum Schluss zu verschleiern, ohne die Auflösung wie aus dem Hut gezaubert wirken zu lassen. Selbst wenn man alsbald eine Ahnung hat, liegt man damit doch nur zur Hälfte richtig. Interessant ist auch die Besetzung. Bretzingers entspannte Regie setzt nicht auf Spannung durch übliche Krimieffekte, sondern auf die Arbeit mit den überwiegend kaum bekannten Schauspielern.

Halbwegs populär ist neben Julia Koschitz allein Alwara Höfels ("Keinohrhasen"), die in diesem Film Justine Hauer vertritt, denn die war während der Dreharbeiten ebenso wie die von ihr verkörperte Assistentin "Beckchen" im Mutterschutz. Beim zehnjährigen Jubiläum des Bodensee-"Tatorts" im Herbst wird sie wieder dabei sein. Andererseits ist es durchaus schade, dass Höfels bloß ein Gastspiel hat; die gemeinsamen Szenen mit Sebastian Bezzel deuten an, dass die Konstellation noch viel Potenzial hätte. Heimlicher Hauptdarsteller ist aber ohnehin der Bodensee, den Kameramann Jürgen Carle immer wieder von seiner winterlich schönsten Seite zeigt.

 


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).