TV-Tipp des Tages: "Manche mögen’s glücklich" (ARD)
Heldin Lina isteine Agentin des Glücks. Ihre Aufgabe besteht darin, Menschen, die nach Freiburg ziehen, den Ortswechsel zu reibungslos wie möglich zu gestalten.
20.01.2012
Von Tilmann P. Gangloff

"Manche mögen’s glücklich", 27. Januar, 20.15 Uhr im Ersten

Bücher sollten nicht nach dem Cover und Filme nicht nach ihrem Titel beurteilt werden. Trotzdem ist nicht einzusehen, warum die ARD dieser kurzweiligen romantischen Komödie einen derart dämlichen Namen gegeben hat; selbst wenn Heldin Lina (Julia Brendler) gewissermaßen eine Agentin des Glücks ist. Ihre Aufgabe besteht darin, Menschen, die nach Freiburg ziehen, den Ortswechsel zu reibungslos wie möglich zu gestalten, indem sie ihnen lästige Dinge wie die Schul- und Wohnungssuche abnimmt. Lina ist genau die richtige für den Job: Ihr liegt auch ohne Bezahlung und bis zur Selbstverleugnung viel daran, dass es den Menschen in ihrer Umgebung gut geht. An Markus Gärtner (Stephan Luca) beißt sie sich allerdings die Zähne aus. Das Freiburger Klinikum hat die international renommierte Koryphäe für ein neues Forschungszentrum gewonnen.

Der Herzspezialist ohne Herz

Stammzellenforscher Gärtner ist zwar Herzspezialist, hat aber selber offenbar keins: Der Mann ist Zyniker durch und durch. Die beiden könnten kaum unterschiedlicher sein; was sie für Taktgefühl hält, bezeichnet er als Heuchelei. Weil aber Rüdiger Hofmeister (Heinz Hoenig), der Mäzen der neuen Einrichtung, aufgrund eines Missverständnisses überzeugt ist, der Misanthrop und die Agentin für gute Laune seien ein Paar, müssen sie gemeinsam mit dem Millionär ein Wochenende in einem Wellness-Hotel verbringen; wenn Hofmeister einen Rückzieher macht, platzt das ganze Projekt. Prompt kommen sich die beiden näher; bis Gärtner rausfindet, dass Lina schon mit ihrem Chef liiert ist.

Das Drehbuch von Kerstin Oesterlin und Jessica Schellack bietet Julia Brendler und Stephan Luca eine Vielzahl von Gelegenheiten, sich gegenseitig hingebungsvoll boshafte Dialoge an den Kopf zu werfen; und die beiden spielen das wunderbar. Gerade Luca lässt den Panzer, mit dem der Witwer sein Herz umgibt, sehr schön nach und nach bröckeln. Nicht minder großartig sind die beiden Schauspieler, die das Paar im Zentrum der Geschichte unterstützen: Für Heinz Hoenig ist Genussmensch Hofmeister mit seiner gesunden Neigung zum Chauvinismus eine Paraderolle; und Robert Giggenbach als das genaue Gegenteil eine ausgezeichnete Ergänzung.

Aber das schönste sind die vielen Fettnäpfchen, in die Gärtner mit seiner Neigung, die Dinge beim Namen zu nennen, immer wieder vorsätzlich tritt. Mit gleicher Leidenschaft versucht Lina, die Dinge wieder geradezubiegen, was ihr dank abenteuerlicher Erklärungen regelmäßig gelingt. Eine äußerst vergnügliche, von Florian Gärtner spritzig inszenierte und nicht nur dank der Hauptdarsteller für einen Freitag im "Ersten" ungewöhnlich junge Romanze, in deren Verlauf sämtliche weibliche Mitwirkende inklusive Linas Mutter und Hofmeisters kleinem Hund ihr Glück finden.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).