"Ein starkes Team: Die Gottesanbeterin", 21. Januar, 20.15 Uhr im Zweiten
"Was für Zombies!", kommentiert Otto Garber angewidert, als die Mitarbeiter des Berliner LKA ein vermeintlich gelöschtes Handy-Video rekonstruiert haben. Der Film zeigt vier Schülerinnen, die eine Lehrerin in den Tod treiben. Der Exitus ist allerdings ein ungeplantes Nebenprodukt der Attacke: Eigentlich will das Quartett der in ihren Augen allzu attraktiven jungen Lehrkraft (Isabell Gerschke) nach Schulschluss bloß Angst machen. Die Frau flüchtet sich in eine Toilette und erleidet in ihrer Panik eine Asthma-Attacke. Am nächsten Tag wird ihre Leiche gefunden. Die Polizei braucht nicht lange, um festzustellen, dass die circa 15 oder 16 Jahre alten Mädchen in den Todesfall verwickelt sind. Allerdings haben sie ein Alibi: Gestorben ist die Lehrerin, weil jemand später ihre Handtasche mit dem Asthmaspray weggenommen hat; und da war der Club der jungen Teufelinnen längst in einem Café in der Nähe der Schule.
Ein Alibi nach dem anderen platzt
Prompt bieten sich weitere Verdächtige an: Ein Taxifahrer (Merab Ninidze) hat kürzlich seine Familie verlassen und ist zu der ermordeten Lehrerin gezogen. Die wiederum musste die Schule wechseln, weil sie ein Verhältnis mit einem angehenden Abiturienten hatte. Und eine Kollegin hatte noch eine Rechnung mit ihr offen, weil ihr Bruder unter Depressionen leidet, seit die offenbar recht umtriebige junge Frau ohne weitere Angaben von Gründen mit ihm Schluss gemacht hat. Den im Schulnetzwerk kursierenden Spitznamen "Gottesanbeterin" trug die Dame offenbar zu recht.
Mit leichter Hand entwirft der Film einen ganzen Reigen von Personen, die ausnahmslos gute Gründe hatten, der Lehrerin alles nur erdenklich Schlechte zu wünschen; und geradezu genüsslich lässt das Drehbuch (Maris Pfeiffer, Regina Spreer) ein Alibi nach dem anderen platzen. Nicht minder reizvoll und angenehm beiläufig sind die Nebenschauplätze integriert: Otto (Florian Martens) strahlt jedes Mal still vor sich hin, als er eine SMS seiner neuen jungen Liebe erhält; selbst wenn das zu einigen buchstäblichen Zusammenstößen mit seinem Chef (Arnfried Lerche) führt. Hübsch ist auch die Lakonie, mit der Markus Boden die Geschichte inszeniert: Als Otto auf einer Toilettentür einen Turnschuhabdruck findet, fährt die Kamera anschließend die überwiegend in Turnschuhen steckenden Schuhe der Schulklasse ab. Noch besser ist allerdings Imbodens Führung der jungen Darstellerinnen, allen voran Michelle Barthel und Carolyn Genzkow, die für ihre Leistung in dem Drama "Keine Angst" 2010 im Rahmen des Deutschen Fernsehpreises mit dem Förderpreis ausgezeichnet worden sind.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).