Magdeburg demonstriert gegen Rechts
1.200 Neonazis missbrauchen den heutigen Tag als "Gedenktag" an den Luftangriff auf Magdeburg 1945 und marschieren in der Stadt auf. Mehrere Tausend Menschen demonstrieren dagegen und besuchen die "Meile der Demokratie".

Mehrere Tausend Menschen haben am Samstag in Magdeburg gegen einen zeitgleich stattfindenden Aufmarsch von rund 1.200 Rechtsextremisten protestiert. Im Mittelpunkt der Aktionen stand eine "Meile der Demokratie" in der Innenstadt mit drei Bühnen und zahlreichen Informationsständen, die nach Polizeiangaben von mehr als 5.000 Menschen besucht wurde. Zudem demonstrierten linksgerichtete Gruppen im nördlichen Stadtteil Neustadt, wo die Demonstrationsroute der Rechten verlief. Die Polizei sprach am Nachmittag von einem weitgehend friedlichen Verlauf.

Auf der eineinhalb Kilometer langen "Meile der Demokratie" erklärte Grünen-Chefin Claudia Roth, noch wichtiger als das nötige NPD-Verbotsverfahren sei es, dass Städte und die ganze Zivilgesellschaft gegen Rechtsextremismus aufstünden. Die Politik habe die Aufgabe, dieses Engagement noch stärker zu unterstützen. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass alte und neue Nazis die Trauer der Weltkriegsopfer missbrauchen, sagte Roth.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel betonte, Rechtsextremismus habe vor allem damit zu tun, dass bei der Entwicklung von Industriegesellschaften viele Menschen Orientierung und Selbstwertgefühl verlieren. Deshalb müsse auch gezeigt werden, dass bei allen Fehlern von einzelnen Politikern die Demokratie die einzig verantwortbare Form des Zusammenleben darstellt. Die Linken-Vorsitzende Gesine Lötzsch forderte, politischen "Sonntagsreden" Taten folgen zu lassen.

Bei der "Meile" bildeten mehrere hundert Menschen ein "Band der Demokratie"

Anlass für den "Gedenkmarsch" der Neonazis war der 67. Jahrestag des Luftangriffs auf Magdeburg am 16. Januar 1945. Dabei wurden mehrere Tausend Menschen getötet und 90 Prozent der Innenstadt zerstört. Der Jahrestag wird regelmäßig von rechtsextremen Gruppierungen für ihre Propaganda missbraucht. An dem bis zum Abend dauernden Programm beteiligten sich mit Informationsständen, künstlerischen Darbietungen und Podiumsdiskussionen rund 180 Vereine, Schulen, Gewerkschaften, kirchliche Einrichtungen, Parteien und Geschäftsleute. Aufgerufen zu der Aktion, die zum vierten Mal stattfand, hatten das Magdeburger "Bündnis gegen Rechts" und die Stadtverwaltung.

Bei der "Meile" bildeten außerdem mehrere hundert Menschen entlang der Strecke ein "Band der Demokratie". Unter den Teilnehmern waren auch Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Detlef Gürth und Innenminister Holger Stahlknecht (beide CDU). Bereits am Vormittag hatten 350 Menschen mit einer Mahnwache vor der jüdischen Synagogengemeinde am Neustädter Bahnhof gegen die Rechtsextremisten demonstriert.

Bei der Eröffnung der "Meile der Demokratie" sagte Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) auf der Hauptbühne, die bekanntgewordene rassistische Mordserie zeige, wie nötig es sei, deutlich zu machen, dass die Menschen demokratisch und tolerant leben wollen.

epd