Ein Jahr Frühling in Arabien: Die arabische Welt im Umbruch
Vor einem Jahr hat die "Jasmin-Revolution" in Tunesien zum Sturz von Präsident Zine el Abidine Ben Ali geführt. Auch in weiteren Ländern kämpften oder kämpfen im Arabischen Frühling Tausende für mehr Demokratie.

TUNESIEN: Fast genau ein Jahr nach dem Beginn des Aufstands gegen den Langzeit-Herrscher Ben Ali wurde am 12. Dezember Moncef Marzouki zum neuen Präsidenten gewählt. Seine Mitte-Links-Partei CPR war bei den ersten freien Wahlen des Landes im Oktober zweitstärkste Kraft hinter der islamistischen Ennahda-Partei. Eine angespannte soziale Lage überschattet die Feiern zum Jahrestag der Revolution am 14. Januar. Vielen Tunesiern geht es wirtschaftlich schlechter als unter Ben Ali. Nach den Unruhen sind die ausländischen Investitionen eingebrochen. Auch viele Touristen mieden aus Angst das Land.

SYRIEN: Im Polizeistaat des Präsidenten Baschar al-Assad forderten am 18. März 2011 tausende Demonstranten Reformen. Das Regime geht seitdem mit Waffengewalt gegen Oppositionelle vor. Seit Dezember sollen Beobachter der Arabischen Liga das Blutvergießen beenden. Doch die Gewalt geht weiter. Nach UN-Schätzungen wurden bisher mehr als 5000 Menschen getötet. Um Assad zu stoppen, verhängten die EU, die USA und die Türkei Waffenembargos. Russland und der Iran liefern aber weiter Militärmaterial. In seiner ersten Rede an das Volk seit sieben Monaten verkündete Assad am 10. Januar, er sei das Opfer einer Verschwörung "ausländischer Mächte" und denke nicht an Rücktritt.

ÄGYPTEN: Nach Massenprotesten wurde Langzeit-Herrscher Husni Mubarak im Februar gestürzt, das Militär übernahm die Macht. Mubarak soll für den Tod von 846 Menschen während der Proteste mitverantwortlich sein und muss sich in Kairo vor Gericht verantworten. Der Staatsanwalt forderte die Todesstrafe. Viele Ägypter sehen ihre Hoffnungen auf einen demokratischen Wandel enttäuscht und gehen weiterhin auf die Straße. Das Militär ging gegen Demonstranten und ausländische Organisationen vor. Bei der ersten freien Parlamentswahl gewannen die Islamisten nach vorläufigen Ergebnissen rund 70 Prozent der 498 Mandate.

JEMEN: Seit Januar forderte eine Protestbewegung den Rücktritt des seit 1978 herrschenden Präsidenten Ali Abdullah Salih. Seine Gegner machen Salih für den Tod von fast 1500 Menschen seit Beginn der Protestwelle verantwortlich. Im Juni wurde der Diktator bei einem Anschlag schwer verletzt, blieb aber im Amt. Erst im November erklärte er seinen Machtverzicht. Im Dezember wurde auf Initiative arabischer Golfstaaten eine Übergangsregierung aus Vertretern von Salihs Partei und der Opposition gebildet. Am 21. Februar soll ein neuer Präsident gewählt werden. Der Jemen ist ein Sonderfall im Arabischen Frühling: Salih und dessen Familie wurden Straffreiheit im Gegenzug für einen Machtverzicht zugesichert. Tausende Jemeniten fordern dagegen seine Verurteilung wegen der getöteten Regimegegner.

LIBYEN: Nach Zusammenstößen zwischen Aufständischen, Polizei und Anhängern von Machthaber Muammar al-Gaddafi im Februar in Bengasi folgten blutige Kämpfe. Am 19. März starteten die USA, Frankreich und Großbritannien Luftangriffe gegen libysche Militäreinrichtungen. Nach monatelangem Bürgerkrieg wurde der Diktator am 20. Oktober von Rebellen getötet. Die im November gebildete Übergangsregierung unter Abderrahim al-Kib soll jetzt den demokratischen Aufbau in Libyen voranbringen. Dieser wird allerdings durch den Streit verschiedener Rebellentruppen behindert, die noch nicht wie geplant entwaffnet sind und sich zum Teil blutige Gefechte liefern. 

dpa