Was ist aus den arabischen Diktatoren geworden?
Erst floh Ben Ali aus Tunesien, dann erwischte es Salih im Jemen. Als nächstes trat Mubarak in Ägypten zurück, später wurde Gaddafi in Libyen getötet. Am hartnäckigsten hält sich Assad in Syrien. Wie lange noch?
13.01.2012
Von Anne-Beatrice Clasmann

Ihren Hausangestellten gaukelten ZINE EL ABIDINE BEN ALI und seine Frau Leila noch Normalität vor. Dabei packten sie heimlich schon die Koffer. Kurz flog der tunesische Präsident mit seiner Familie ins saudische Exil, wo sie seither unter dem Schutz von König Abdullah steht. Es heißt, der Ex-Präsident und die frühere First Lady fühlten sich in dem islamisch-puritanischen Land, in dem sie jetzt seit einem Jahr residieren, nicht sehr wohl.

Schon nach dem unrühmlichen Abgang des Tunesiers ahnten Beobachter in der Region, dass nun auch die Stühle anderer arabischer Herrscher wackeln würden. Denn mit ihren korrupten Clans und gefälschten Wahlergebnissen hatten auch sie nicht mehr Legitimität vorzuweisen als Ben Ali.

Der jemenitische Präsident ALI ABDULLAH SALIH, der in Sanaa seit 1978 an der Macht ist, war der Nächste, den es erwischte. Er stellte sich zunächst taub, als die Menschen bei Massenprotesten in mehreren Städten seinen Rücktritt forderten und ließ auf die Demonstranten schießen. Er selbst wurde bei einem Anschlag im Juni schwer verletzt und verschwand zwischenzeitlich nach Saudi-Arabien, wo Ärzte sein verbranntes Gesicht mehrfach operierten. Heute ist Salih zwar nominell noch im Amt. Auf Druck der Straße, der Vereinten Nationen und der arabischen Golfstaaten hat er jedoch einen Vorschlag akzeptiert: seinen Rücktritt Ende Februar. Ob er sich daran halten und wie geplant ins Exil gehen wird, ist aber noch offen. Möglicherweise wird er die Proteste seiner Gegner, die seit Wochen dagegen protestieren, dass er und seine alten Funktionäre straffrei ausgehen sollen, zum Anlass nehmen, um die Vereinbarung aufzukündigen.

Mubarak vor Gericht, Gaddafi getötet

Dem ägyptischen Präsidenten HUSNI MUBARAK, der nach Massenprotesten im Januar und Februar 2011 von der Armeeführung zum Rücktritt gedrängt wurde, sollen die Saudis zur Flucht ins Exil geraten haben. Doch Mubarak zog sich lieber in sein Haus im Badeort Scharm al-Scheich zurück, wo er allerdings nicht lange bleiben durfte. In Kairo liegt der Ex-Präsident vor Gericht - auf einer Krankentrage, weil er inzwischen bettlägerig ist. Der Staatsanwalt hat die Todesstrafe gefordert, weil der inzwischen 83 Jahre alte Mubarak aus seiner Sicht die Verantwortung für den Tod von mehr als 800 Demonstranten trägt.

Als es bei Demonstrationen für radikale Reformen in Bahrain im Februar Tote gab, riefen einige Demonstranten auch Parolen gegen KÖNIG HAMAD BIN ISSA AL-CHALIFA. Daraufhin bat der Monarch die anderen Golfherrscher um Hilfe. Saudi-Arabien schickte Truppen. Die Proteste, die mehrheitlich von Angehörigen der schiitischen Bevölkerungsmehrheit organisiert wurden, hörten auf. Sie flammten jedoch später wieder auf. Bis heute ist die Lage in dem von Sunniten regierten Königreich instabil.

Kurz nach Beginn der Proteste in Bahrain ging es auch in Libyen los, wo Oberst MUAMMAR AL-GADDAFI wenige Monate zuvor noch mit Reiterspielen und viel Pomp den 41. Jahrestag seiner Machtergreifung gefeiert hatte. Gaddafi reagierte beleidigt und cholerisch auf die Demonstrationen und provozierte mit dem Einsatz massiver Gewalt einen Bürgerkrieg. Im Oktober, als er schon die Kontrolle über das ganze Land verloren hatte, wurde er von Rebellen verwundet, verhöhnt und schließlich getötet.

Was wird aus Syrien und Assad? 

Der syrische Präsident BASCHAR AL-ASSAD hatte in den ersten Wochen der "Arabellion" noch selbstsicher verkündet, seine Landsleute seien gegen das Revolutionsvirus immun. Nun, das war eine Fehleinschätzung. Am 15. März demonstrierten die ersten Menschenrechtsaktivisten in Damaskus. Inzwischen herrscht in einigen Provinzen Bürgerkrieg, vielerorts regiert die Angst vor der Brutalität der Geheimdienste und Milizen. Doch auch Festnahmen, Folter und militärische Gewalt konnten den Aufstand gegen Assad bislang nicht beenden. In arabischen Diplomatenkreisen wird schon darüber diskutiert, wie die Post-Assad-Ära wohl aussehen wird.

Die Carnegie-Stiftung mit Sitz in Washington rät auch den arabischen Monarchen in Marokko, Jordanien und den Golfstaaten, die Rufe der Bevölkerung nach Reformen ernst zu nehmen. In einer aktuellen Analyse kommen die Mitarbeiter der Stiftung zu dem Schluss: "Ihre Legitimität steht auf dem Spiel, und sie werden wahrscheinlich mit noch größeren Herausforderungen konfrontiert werden, wenn sie nicht schnell etwas unternehmen."
 

dpa