Mehrere Zeitungen haben den Anwalt des Bundespräsidenten von seiner Schweigepflicht entbunden. "Bild" habe die ausdrückliche Genehmigung erteilt, sämtliche Anfragen zur Kreditaffäre zu veröffentlichen, damit Christian Wulff "größtmögliche Transparenz" herstellen könne, sagte ein Sprecher des Axel-Springer-Konzerns am Donnerstag dem epd. Ein entsprechender Brief sei an den Anwalt gegangen. "Wir würden uns freuen, wenn viele Journalisten diesem Beispiel folgen", sagte der Sprecher.
Zeitungen legen Fragen und Antworten zu Wulff offen
Die Springer-Blätter "Die Welt" und "Welt am Sonntag" stellten am Donnerstagabend ihren umfangreichen Fragenkatalog sowie die Antworten von Wulffs Anwälten und der BW-Bank, die Wulff bei seiner umstrittenen Hausfinanzierung half, in das Internet. Man habe sich entschieden, vom Recht am eigenen Wort Gebrauch zu machen und alle Fragen, die an Bundespräsident Wulff geschickt wurden sowie dessen Antworten darauf, auf der Internetseite "www.welt.de" zu veröffentlichen. Die Dokumentation zeige, wie karg manche Antworten ausgefallen seien, und dass selbst Antworten auf Nachfragen bis heute vieles im Unklaren ließen, berichtet die "Welt" (Freitagsausgabe).
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Die DuMont-Zeitungen "Frankfurter Rundschau" und "Berliner Zeitung" schrieben am Donnerstag in ihren Onlineausgaben, alle Anfragen "zu Wulffs Privatdarlehen, zu seinem BW-Bank-Kredit, zu Zinskonditionen und Urlaubsreisen, zu Unternehmerfreundschaften, Grundbucheinträgen, Sicherheiten, zu eventueller Steuerhinterziehung, zu Überweisungen, Daueraufträgen und Tilgungen dürfen gern veröffentlicht werden". Eine Veröffentlichung aller Fragen werde auch zeigen, "wie wenig manche Antworten erklären, wie oft Nachfragen nötig waren und dass auch die Antworten auf die Nachfragen bis heute vieles im Unklaren ließen", teilten die Zeitungen mit.
Wulff-Anwalt: Rechtlich an der Veröffentlichung gehindert
Bundespräsident Christian Wulff hatte in seinem Fernsehinterview am 4. Januar gesagt, dass er und seine Anwälte mehr als 400 Fragen zu dem umstrittenen Hauskredit beantwortet hätten. Er kündigte an, dass seine Anwälte alles ins Internet einstellen würden: "Dann kann jede Bürgerin, jeder Bürger jedes Detail zu diesen Abläufen sehen und bewertet sehen, auch rechtlich." Sein Anwalt Gernot Lehr veröffentlichte am folgenden Tag nur eine sechsseitige Zusammenfassung zur Kreditfinanzierung von Wulffs Haus und zu seinen Urlaubsreisen.
Lehr verteidigte sein Vorgehen damit, dass "der im Mandantenauftrag geführte Schriftverkehr und die Gespräche zwischen Anwälten und Dritten" unter die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht fielen. Eine Veröffentlichung der Journalistenfragen würde "das Recht der jeweils anfragenden Journalistinnen und Journalisten am eigenen Wort und an dem Schutz ihrer Rechercheergebnisse oder -ziele verletzen".
"So geht man als Präsident eines demokratischen Staates nicht mit Medien um"
Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Michael Konken, hatte am Donnerstag seine Teilnahme am Neujahrsempfang des Bundespräsidenten aus Protest gegen die "Desinformationspolitik des deutschen Staatsoberhaupts" abgesagt. Wulffs Verhältnis zu den Medien sei "so gestört, dass sich ein Übergang zur Tagesordnung verbietet", sagte Konken. Er kritisierte, dass Wulff sich den Fragen der Medien nicht in einer Pressekonferenz gestellt habe. Für die Kommunikation mit den Medien habe er ein Anwaltsbüro beauftragt, dass sich "hinter anwaltschaftlicher Verschwiegenheitspflicht" verstecke. "So geht man als Präsident eines demokratischen Staates nicht mit Medien um", sagte der DJV-Vorsitzende.
Der Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di (dju), Ulrich Janßen, lud Wulff zu einem Gespräch über die Pressefreiheit und den Umgang mit Journalisten ein: "Die dju sieht den Umgang des Bundespräsidenten mit der Presse sehr kritisch. Wir halten es daher für sinnvoll, uns mit Herrn Wulff direkt über die Verantwortung sowie die Aufgaben von Medien und Amtsinhabern auseinanderzusetzen", sagte Janßen. Wie die dju mitteilte, sagte Wulff Janßen ein Gespräch im Februar zu.