Entlang der Bonifatius-Route: "Es hat mir einfach gut getan"
Sie führt zu Kirchen, Klöstern und Kapellen und bietet auf rund 180 Kilometern Begegnungen mit der Kultur, der Natur und den Menschen, die in den Städten und Dörfern zwischen Mainz und Fulda leben: Seit die Bonifatius-Route im Juli 2004 zum 1250. Todestag des "Apostels der Deutschen" eingeweiht wurde, hat sie sich zu einem der beliebtesten Pilgerwege Deutschlands entwickelt. Die Strecke zwischen den beiden Domstädten vollzieht den Weg des Leichenzugs nach, der die Gebeine des ermordeten Missionars von der heutigen rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt zu seiner letzten Ruhestätte in der nordhessischen Bischofsstadt Fulda begleitete.
12.01.2012
Von Corinna Willführ

"Solch ein Wander- und Pilgerweg soll ein geistlich anregender, zu Konzentration und Entdeckung einladender Weg sein, der Körper und Geist zugleich anspricht", sagte der damalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Walter Huber. Die Einweihung vollzog er gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Karl Kardinal Lehmann als "ein sehr gutes ökumenisches Zeichen".

Im hohen Alter nach Hause

Doch wer war der Mann, dessen Namen die Route trägt? Er war der Sohn einer adligen Familie im angelsächsischen Credition/Wessex, geboren um das Jahr 673, getauft auf den Namen Wynfreth. Ein eifriger Klosterschüler der Benediktiner, der seine Berufung darin finden sollte, auf dem Kontinent zu missionieren. Schon 716 machte er sich auf, die Friesen zu christianisieren.

Sein erster Versuch, "ungläubigen Völkern das Geheimnis des Glaubens bekannt zu machen" scheiterte. Doch Bonifatius - am 14. Mai 719 erhielt er diesen Namen vom Papst – gab nicht auf. Elf Jahre lang wirkte er für seinen Glauben in Hessen, bei Marburg, Fritzlar und in Thüringen. 732 wurde er zum Erzbischof geweiht. Zwölf Jahre später gründete er, wie Egon Warmers, Direktor des Archäologischen Museums in Frankfurt schreibt, sein "Lieblingskloster" in Fulda, eines der einflussreichsten Klöster des frühen Mittelalters. Vielen bekannt ist der unermüdliche Kämpfer für den christlichen Glauben als der Mann, der die Donar-Eiche, das Zeichen heidnischer Kultur fällte.

Hochbetagt zog es den Kirchenmann noch einmal in jene Gegend zurück, in der er seine Mission begonnen hatte: nach Friesland. Es war seine letzte Reise. Im Jahr 754 wurde Bonifatius mit vielen seiner Gefährten von einer "friesischen Räuberbande" bei Dokkum ermordet. "Bonifatius", so Bischof Wolfgang Huber 2004, "steht für eine Wende und Neuorientierung in der Geschichte des Christentums" und habe als Apostel der Deutschen eine "geistliche Wurzel für die Freiheit Europas gelegt."

Kirchliche Kleinode und einsame Landschaften

Berthilde Enders, ehemalige Ortsvorsteherin der Gemeinde Wicker im Rheingau-Taunus-Kreis, ist die Bonifatius-Route im Eröffnungsjahr mit Mitgliedern der katholischen Pfarrgemeinde St. Katharina gelaufen. "Da war ich 60. Wir waren sicher unter den Ersten, die den Pilgerweg komplett gegangen sind. Ein tolles Erlebnis."

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Es verwundert nicht, dass die Pensionärin besonders die erste Etappe der Tour empfiehlt, die Strecke von Mainz nach Kriftel mit ihren Wegen durch die Weinberge bei Hochheim, der Aussicht auf die Mainmetropole Frankfurt und dem Kleinod der Kirche St. Peter und Paul mit ihren barocken Fresken. Es ist ihre Heimat. "Aber das Benediktinerinnen-Kloster Engelthal bei Altenstadt in der Wetterau, die Schafskirche von Lißberg, die versteckte "Stumpe-Kirch" im Vogelsberg und die einsame Landschaft um Klein-Heilig-Kreuz im Fuldaer Land sollte man unbedingt auch gesehen haben", sagt sie.

Mit wenig Gepäck unterwegs

Klara Romer aus dem schwäbischen Biberach ist eine Frau in den Fünfzigern. Die Bankangestellte ist bereits den Jakobsweg vom französischen Le Puis nach Santiago di Campostela gelaufen. "Das war schon hart", sagt sie. Blasen an den Füßen, Rückenschmerzen, Hitze, die Ungewissheit, wo und ob man eine Unterkunft findet.

Für ihre Drei-Tages-Tour auf der Boni-Route ist sie gut vorbereitet gestartet. Wenig Gepäck, eingelaufene Wanderschuhe, stets Wasser im Rucksack. Über den Routenverlauf hat sie sich über die Broschüre "Auf Spurensuche" informiert, das Logo, den schwarzen Pilgerstab im rot-weißen Quadrat eingeprägt. Über die Internetseite des Vereins Bonifatius-Route hat ihre Freundin Übernachtungsmöglichkeiten reserviert.

"Familienpensionen gehören ebenso wie Gasthöfe und Hotels zu unseren Mitgliedsorganisationen", sagt Gudrun Haas vom Vorstand des Vereins. Die Tourismus-Expertin für den Vogelsberg kennt sie alle. Organisiert Gudrun Haas doch die jährlichen geführten Dreitages-Wanderungen an der Route. In diesem Jahr geht es vom 21. Bis 23. September von Mainz nach Eschborn. Eine frühzeitige Anmeldung ist ratsam.

Unerwartete Abstecher

Auf ihrem Weg wird die Gruppe auch zum Ausflugslokal "Wiesenmühle" kommen. Bei Wirt Thomas Laudes sind die Wanderer gern gesehene Gäste. Für die er hinter dem Tresen nicht nur den Stempel für den Pilgerausweis bereithält, sondern auch einen Rat: "Bevor sie auf der Route weitergehen, machen Sie kurz Halt an unserer St.-Anna-Kapelle. Sie liegt in der kleinsten Riesling-Einzellage des Rheingaus und dann müssen Sie sich auch noch den Eisenbaum im Rhein-Main-Regionalpark anschauen, von dem Sie eine wunderbare Sicht haben. Das sind nur so 300 Meter von hier."

Endstation auf der Bonifatius-Route ist Fulda. Foto: Corinna Willführ

Rund hundert Kilometer weiter hat Gisela Steinbichl für Klara Romer und ihre Freundin in ihrer Pension im Luftkurort Ilbeshausen-Hochwaldhausen (Gemeinde Grebenhain) im Vogelsberg auch einen Tipp: "Wenn Sie erst mal geduscht haben, dann schaffen Sie noch einen kleinen Spaziergang. Denn die Uhu-Klippen, das sind Basaltformationen. Die hat der Vogelsberg ausgespuckt, als er noch ein aktiver Vulkan war."

Als Auszeit drei bewusste Tage

Aus den neun Tagen, die für die Gesamtstrecke der Bonifatius-Route veranschlagt werden, können leicht zwei Wochen werden. Wenn man an den kleinen Kapellen innehält, in den Weinbergen, Obstwiesen, in Tälern oder auf Hügeln verweilt, sich Zeit für die "kleinen" Sehenswürdigkeiten längs des Wegs nimmt. Gut, dass sie auch in Etappen bewältigt werden kann. Am Ziel Fulda sollten sich alle noch einmal ein wenig Zeit nehmen. Um an einer Führung durch den Dom und die Gruft des Heiligen teilzunehmen. Die Michaelkirche zu besuchen. Das Dommuseum mit seinen liturgischen und kirchlichen Objekten zu erkunden. Im Schlossgarten mit seiner Orangerie zu wandeln.

"Ich glaube nicht, dass es sich beim Pilgern um eine Modeerscheinung handelt", sagt Vera Rupp, Vorsitzende des Vereins Bonifatius-Route. "In der heutigen schnelllebigen und technisierten Welt suchen die Menschen immer mehr nach einem Ausgleich in der Natur." Für Klara Romer, die Bankangestellte aus dem Schwäbischen, waren die drei Tage auf der Bonifatius-Route eine kurze Auszeit. "Was, du warst wieder pilgern?", fragten Bekannte sie. "Und wie war's?" Ihre Antwort: "Es hat mir einfach gut getan."


Corinna Willführ ist freie Journalistin in Frankfurt.