Neuer Berliner Kardinal Woelki verteidigt Arbeitsrecht
Glückwünsche zur unerwartet schnellen Ernennung: Papst Benedikt XVI. hat den Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki am Freitag in Rom zum Kardinal ernannt. Gegenüber epd verteidigte Woelki das kirchliche Arbeitsrecht.

Die Berufung des 55-Jährigen folgt nur ein halbes Jahr nach der Ernennung zum Erzbischof. Woelki ist Nachfolger des Ende Juni vergangenen Jahres verstorbenen Kardinals Georg Sterzinsky und nach Informationen von Radio Vatikan künftig der jüngste Kardinal weltweit.

Die Ernennung sei für ihn Ehre und Ermutigung zugleich, erklärte Woelki in Berlin. Damit würdige Papst Benedikt nur wenige Monate nach seinem Besuch im Erzbistum Berlin auch dessen Bedeutung als deutsche Hauptstadt und Sitz der Bundesregierung. Zudem sei seine Ernennung eine "Ermutigung für alle Katholiken, die in der Diaspora leben".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gratulierte Woelki und dem ebenfalls in den Kardinalsrang erhobenen deutschen Jesuitenpater Karl Josef Becker zu dieser besonderen Ehre. Der 83-Jährige ist Dogmatikprofessor an der Päpstlichen Universität Gregoriana. Die Ernennung unterstreicht nach Merkels Worten die hohe Anerkennung für das bisherige Wirken der Theologen. Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" sah in der Auszeichnung Woelkis einen Dank des Vatikans dafür, dass der Papstbesuch im vergangenen September in Berlin "so glimpflich verlaufen ist".

"Ökumenisch offen und engagiert für seine Kirche"

Auch der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge gratulierte Woelki zu seiner Kardinals-Ernennung. Der Beginn seiner Amtszeit sei von positiven Zeichen der Gemeinsamkeit der Kirchen in Berlin und Brandenburg geprägt gewesen. "Ich habe ihn als ökumenisch offen und als engagiert für seine Kirche kennengelernt", sagte der evangelische Landesbischof.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) beglückwünschte Woelki, dass er "ungewöhnlich kurzzeitig" auf seine Amtseinführung als Erzbischof von Berlin nun in den Kardinalsrang erhoben wurde. Der Papst würdige damit nicht zuletzt den Stellenwert Berlins als deutsche Hauptstadt.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, bezeichnete es ebenfalls als ein "außerordentliches Zeichen der Wertschätzung des Heiligen Vaters", dass er Woelki bereits nach so kurzer Zeit in den Kardinalsstand erhoben habe. "Gleichzeitig zeugt diese Auszeichnung von dem großen Vertrauen, das Du bei Papst Benedikt XVI. genießt", heißt es in dem Gratulationsschreiben.

Bekenntnis zum "Dritten Weg"

Gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin hat Woelki das kirchliche Arbeitsrecht als zukunftsweisend für die Kirchen verteidigt. "Der Dritte Weg hat sich in den vergangenen Jahren bewährt, und deshalb wollen wir ihn auch in Zukunft", sagte er der Nachrichtenagentur.

Entscheidend sei, "dass das Bekenntnis der Kirchen zum Dritten Weg nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch in die Tat umgesetzt wird", sagte Woelki mit Blick auf Proteste von Gewerkschaften gegen das kirchliche Arbeitsrecht, das unter anderem keine Tarifverträge vorsieht und Streiks verbietet. Das bedeute unter anderem, dass gegen schwarze Schafe, die unter dem Deckmantel eines kirchlichen Trägers Arbeitskräfte zu Dumpinglöhnen beschäftigt, vorgegangen wird.

"Wir sind bemüht, dort, wo Einrichtungen den Dritten Weg verlassen haben, diese wieder dorthin zurückzuführen", sagte Woelki. Das Verfahren, in paritätisch besetzten Kommissionen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam Arbeitsbedingungen sowie Löhne und Gehälter auszuhandeln, habe sich bewährt, betonte der Erzbischof.

52.000 Betriebe betroffen

In der evangelischen und katholischen Kirche und ihren rund 28.000 Betrieben unter dem Dach der Diakonie und über 24.000 Einrichtungen der Caritas gilt im Arbeitsrecht der sogenannte Dritte Weg. Im Unterschied zum Tarifvertragssystem, wie es für die Privatwirtschaft und den öffentlichen Dienst kennzeichnend ist, werden hier in der Regel Arbeitsbedingungen sowie Löhne und Gehälter von einer Arbeitsrechtlichen Kommission ausgehandelt. Diese ist mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern paritätisch besetzt. Kommt in den Verhandlungen keine Einigung zustande, entscheidet eine Schiedskommission. Ihr Spruch ist verbindlich. Beim Dritten Weg sind Streiks und Aussperrungen verboten. Rechtliche Grundlage ist das im Grundgesetz verankerte kirchliche Selbstbestimmungsrecht.

Woelkis Diözese gehören rund 390.000 Katholiken aus Berlin, Brandenburg und Vorpommern an. Das Konsistorium für die Erhebung in den Kardinalsstand ist für den 18. Februar in Rom vorgesehen. Benedikt XVI. hatte am Freitag beim Angelusgebet die Namen von 22 neuen Kardinälen bekanntgegeben, denen die Kardinalswürde übertragen werden soll.

Woelki war nach seiner Ernennung zum Berliner Erzbischof Anfang Juli vergangenen Jahres durch den Papst am 27. August in sein neues Amt eingeführt worden. Davor war er Weihbischof in seiner Geburtsstadt Köln.

epd