"Die Draufgänger", 12. Januar, 20.15 Uhr auf RTL
Schon beim vor gut einem Jahr ausgestrahlten Pilotfilm war der Titelplural nicht ganz korrekt, denn der Reiz dieses Gespanns, das nun in Serie gehen darf, liegt ja gerade im Kontrast: Während der jugendlich ungestüme Carl Berger vom LKA Sachsen grundsätzlich erst handelt, bevor er denkt, ist der fast zwanzig Jahre ältere Markus Maiwald ein besonnener Ermittler. Dass auch er immer wieder Kopf und Kragen riskieren muss, ist eine Frage der Sympathie: Carl gehört praktisch zur Familie, Maiwalds Kinder lieben ihn wie einen zweiten Vater; also muss Markus hinterher, wenn Carl tollkühn der Gefahr ins Auge blickt.
Mit Dominic Boeer und Jörg Schüttauf
So interessant wie die beiden Figuren sind auch die Darsteller. Während Dominic Boeer ("Soko Wismar") in jedem Jason-Statham-Ähnlichkeitswettbewerb vermutlich sogar den Action-Darsteller ("Crank") selbst noch ausstechen würde, ist Jörg Schüttauf als väterlicher Freund perfekt besetzt. Zwar muss er nun schon wieder einen Polizisten im Serieneinsatz verkörpern, wozu er nach acht Jahren als Frankfurter "Tatort"-Kommissar Fritz Dellwo eigentlich keine Lust mehr hatte. Aber außer der Dienstmarke gibt es kaum Parallelen, im Gegenteil: Vor noch gar nicht langer Zeit wäre Schüttauf eigentlich für den Part des impulsiven Kollegen prädestiniert gewesen. Um so reizvoller ist der Rollentausch: Maiwald ist ein typischer Familienmensch, der schon mal mitten im Einsatz einen Anruf von der Gattin bekommt, weil die gehörlose Tochter angeblich seine Unterschrift imitiert hat, um eine Klassenarbeit zu vermeiden. Später stellt sich raus, dass Kumpel Carl die ungelenke Fälschung verbrochen hat.
In solchen Szenen sind die Folgen eher Komödie, aber das ist auch der Sinn der Sache: Die Mischung aus Action und Krimi ist so dick aufgetragen, dass ein gewöhnlicher "Tatort" fast wie ein Dokumentarfilm wirkt. Die Geschehnisse sind vom typischen RTL-Serienlicht durchflutet, die Hauptfiguren meistern selbst brenzligste Situationen mit einem lockeren Spruch, und die Gegenspieler sind zwar stets gefährlich, wirken aber trotzdem wie Operettenbösewichte. Ähnlich wie bei "Alarm für Cobra 11" geht es auch nie um kleine Fische. Der Autodieb aus der heutigen Auftaktfolge ist der "König der Carnapper", in der nächsten Folge planen Islamisten mit speziellen Sensorbomben ein raffiniertes Attentat, und später werden sich die beiden Dresdener auch noch mit der russischen Mafia anlegen; aber immer mit einem Augenzwinkern.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).