Kann die Abstimmung zur Nordkirche noch scheitern?
Die geplante Nordkirche steht vor der letzten Hürde: In Rostock-Warnemünde beginnt am Donnerstag die dritte Verfassunggebende Synode, bei der die entscheidende Abstimmung über die Kirchenfusion im Mittelpunkt steht. 266 Synodale aus Nordelbien, Mecklenburg und Pommern werden am Samstagmittag über die Verfassung abstimmen. Erforderlich sind jeweils Zwei-Drittel-Mehrheiten aller Einzelsynoden.
05.01.2012
Von Thomas Morell

Kann die endgültige Abstimmung zur Nordkirche noch scheitern?

Ja. Wenn über die neue Verfassung der Nordkirche abgestimmt wird, müssen alle drei Synoden (Kirchenparlamente) der Landeskirchen Mecklenburg, Nordelbien und Pommern mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen. Bei der Vorabstimmung Ende Oktober in Heringsdorf hat zwar die mecklenburgische Synode mit Mehrheit, nicht aber mit Zwei-Drittel-Mehrheit zugestimmt. Von den 57 Synodalen aus Mecklenburg hatten nur 42 an der Synodentagung teilgenommen.

Wird mit einem Scheitern der Abstimmung gerechnet?

Nein. Alle drei Kirchenleitungen rechnen damit, dass die Synoden mit der erforderlichen Mehrheit abstimmen. Verwiesen wird darauf, dass die drei Synoden bereits im März 2009 mit jeweils Zwei-Drittel-Mehrheit für die Fusion gestimmt haben und es inhaltlich keine gravierenden Differenzen mehr gibt. Anfängliche Streitpunkte sind weitgehend mit Kompromissformeln beigelegt. Proteste von kirchlichen Gruppen oder Mitarbeitern sind nicht zu erwarten.

Was passiert, wenn die Abstimmung dennoch scheitert?

Offiziell heißt es, dass sich dann die drei Kirchenleitungen zur Beratung zurückziehen werden. Es gebe keinen "Plan B". Der rechtliche Zustand wäre unklar: Einerseits wäre die Abstimmung zur Fusion gescheitert, andererseits sind alle drei Landeskirchen von ihren Synoden mit der Fusion beauftragt worden. Denkbar wäre eine weitere Abstimmung zu einem späteren Zeitpunkt. Entscheidend wird sein, ob die Abstimmung nur knapp oder deutlich scheitert. Auch in anderen Landeskirchen gab es schon einmal ähnliche Abstimmungen

Hat es eine ähnliche Abstimmung in anderen Landeskirchen schon einmal gegeben?

Ja. Im April 2007 scheiterte der erste Anlauf für die Fusion der Kirchenprovinz Sachsen mit der Kirche in Thüringen zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, weil die Synode der Kirchenprovinz die notwendige Mehrheit knapp verfehlte. Nachdem einige strittige Fragen geklärt wurden, stimmte die Synode der Kirchenprovinz ein halbes Jahr später ein zweites Mal über die Fusion ab - diesmal mit Erfolg.

Waren die Voraussetzungen in Mitteldeutschland besser als in Norddeutschland?

Nein. Die Bedingungen für die Fusion waren in Mitteldeutschland sogar schlechter. Mitarbeiter der Magdeburger Kirchenverwaltung protestierten gegen ihren Umzug, die Altbischöfe und der Pfarrverein in Thüringen warnten vor der Fusion. Außerdem hätte es mit der geplanten "verdichteten Föderation" eine Alternative zur Fusion gegeben.

War bislang jede Endabstimmung über eine Kirchenfusion erfolgreich?

Ja und nein. Anfang 2004 hatten Mecklenburg und Pommern Gespräche über eine mögliche Fusion beider Landeskirchen begonnen. Als die pommersche Synode dann im Oktober 2006 Sondierungsgespräche mit der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg führen wollte, platzten die Verhandlungen mit Mecklenburg, obwohl bereits ein Rahmenvertrag ausgehandelt war. In der Politik ist die Abstimmung über eine Fusion schon einmal gescheitert: Im Mai 1996 entschieden sich die Brandenburger bei einer Volksabstimmung mit Mehrheit gegen eine Vereinigung des Bundeslandes mit Berlin - und dabei ist es bis heute geblieben.

epd