Springer-Verlag bestätigt Anrufe von Wulff
Die Kreditaffäre ist für Christian Wulff noch nicht ausgestanden: Der Springer-Verlag bestätigt, dass der Bundespräsident persönlich bei "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann und Vorstandschef Mathias Döpfner anrief, um kritische Berichte zu verhindern. Journalistenverbände und der Deutsche Presserat kritisierten das Vorgehen Wulffs.

Die "Bild"-Zeitung hat Presseberichte bestätigt, wonach Bundespräsident Christian Wulff versucht hat, eine kritische Berichterstattung über seine Kreditaffäre zu verhindern. In einer längeren Nachricht auf der Handy-Mailbox von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann habe sich Wulff einen Tag vor der ersten Veröffentlichung "empört" über die Recherchen gezeigt, teilte die Chefredaktion am Montagnachmittag auf der Internetseite der Zeitung mit. Dabei habe er auch mit strafrechtlichen Konsequenzen für den verantwortlichen Redakteur gedroht.

Das Bundespräsidialamt teilte mit, über Vier-Augen-Gespräche und Telefonate gebe man grundsätzlich keine Auskunft. Die Presse- und Rundfunkfreiheit sei für den Bundespräsidenten jedoch ein hohes Gut. Daher habe Wulff zu den Krediten für sein Eigenheim und zu Urlaubsaufenthalten "Transparenz hergestellt, Erklärungen abgegeben und mehrere hundert Medienanfragen beantwortet".

Wulff drohte Springer mit "endgültigem Bruch"

Der Medienkonzern Axel Springer hatte am Montagmorgen einen offiziellen Kommentar abgelehnt. Aufgrund des großen medialen Interesses habe sich die "Bild"-Redaktion aber im Laufe des Tages für eine Stellungnahme entschieden, sagte ein Verlagssprecher dem epd. Er bestätigte zugleich, dass Wulff auch bei Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner angerufen habe, um die Berichterstattung zu verhindern. Döpfner habe dem Bundespräsidenten daraufhin erklärt, dass er sich nicht in die Belange der Redaktion einmischen wolle.

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Montagsausgabe) hat Wulff am 12. Dezember in seiner Nachricht auf Diekmanns Mailbox den "endgültigen Bruch" mit dem Springer-Verlag angedroht, falls die "unglaubliche" Geschichte tatsächlich erscheinen sollte. Wulff habe später noch einmal Kontakt zu Diekmann aufgenommen und den Anruf bedauert, hieß es.

"Bild" hatte vom 13. Dezember an ausführlich über die Kreditaffäre berichtet, dabei aber nicht über Beeinflussungsversuche Wulffs geschrieben. In der Stellungnahme der Chefredaktion vom Montag hieß es, Wulff habe sich für Ton und Inhalt seiner Äußerungen entschuldigt. Deshalb habe "Bild" nach breiter redaktioneller Debatte davon abgesehen, über den Vorfall zu berichten.

Kritische Berichterstattung ist Teil der Meinungsfreiheit

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) wandte sich gegen Versuche prominenter Persönlichkeiten, Einfluss auf die kritische Berichterstattung von Medien auszuüben. "Prominente müssen sich kritische Berichterstattung als Teil der Meinungsfreiheit gefallen lassen", erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken: "Das müsste niemand besser wissen als der erste Mann im Staat." Auch die Deutsche Journalisten-Union und der Deutsche Presserat kritisierten das Verhalten Wulffs.

Der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Hubertus Heil, forderte Wulff unterdessen auf, angesichts immer neuer Informationen über Kredite schnellstmöglich Klarheit zu schaffen. Die Beziehungen von Wulff zu einzelnen Presseorganen könne er nicht beurteilen, sagte Heil. Ganz grundsätzlich gelte aber, dass ein Staatsoberhaupt nicht versuchen sollte, kritische Berichterstattung zu unterbinden.

Im Zentrum der Affäre steht ein Privatkredit von 500.000 Euro, den Wulff 2008 als niedersächsischer Ministerpräsident von dem befreundeten Unternehmerpaar Egon und Edith Geerkens erhalten hatte. Am 22. Dezember hatte sich Wulff für "Irritationen" in der Kreditaffäre entschuldigt und sich von seinem Sprecher Olaf Glaeseker getrennt.

epd