"LOL": Rechtschreibrats-Chef gegen Twitter
Twitter und Abkürzungen wie "HDL" sind dem Chef des deutschen Rechtschreibrates, Hans Zehetmair, ein Dorn im Auge. Diese "Fetzenliteratur" gefährde die Sprachkompetenz ganzer Generationen.
02.01.2012
Von Britta Schultejans

"Fetzenliteratur" auf Twitter oder in SMS bedroht nach Ansicht des Rechtschreibrats-Vorsitzenden Hans Zehetmair die Sprachkompetenz junger Leute. "Eine junge Generation schreibt heute - um eine Liebe zum Ausdruck zu bringen - keine Briefe mehr, sondern "HDL" - "Hab Dich lieb"", bemängelte er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in München. "Unsere Zeit ist so schnelllebig geworden. Da müssen Sie sich nur die Twitter-Literatur ansehen, in der es keine ganzen Sätze mehr gibt." "Fetzenliteratur" nennt Zehetmair, der auch Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung in München ist, das.

"Wir sind weltweit in zivilisatorischen Gesellschaften auf dem gefährlichen Weg, dass immer weniger gelesen, immer mehr Fetzenliteratur gepflegt, immer weniger geschrieben wird", sagte er. Auch die Schule komme ihrem Bildungsauftrag in dem Bereich nur begrenzt nach. "Die Lehrer sind auch Kinder unserer Zeit, und bei allem guten Bemühen gibt es auch bei ihnen oft diese Fetzenliteratur: super, geil und alles mit Ausrufezeichen."

Überflutet von Anglizismen

Hochschullehrer beklagten immer wieder die mangelhafte sprachliche Qualität von Diplom-, Magister- oder Bachelorarbeiten: "Man nimmt sich kaum noch die Zeit, ganze Sätze zu formulieren." Nach Angaben von Linguisten müssten rund 20 Prozent der 15-Jährigen heute als Analphabeten bezeichnet werden, sagte Zehetmair.

Eine Schwierigkeit sei auch die steigende Zahl an Anglizismen, die die deutsche Sprache überflute. "Sprache ist in vielen Bereichen ausschließlich verzweckt worden und ist überbordet mit Fremdeinflüssen. Ich bin nicht gegen Anglizismen im Allgemeinen, aber man sollte schon noch wissen, was die Worte auf Deutsch heißen." Das fehlende Hinterfragen sei aber "symptomatisch für eine Gesellschaft, die nicht mehr hinter die Dinge blickt und die Hintergründe nicht mehr beleuchtet", sagte Zehetmair und warnte: "Eine solche Gesellschaft ist anfällig für Manipulation."

dpa