Der Exilsyrer kann es nicht fassen. "Das ist eine Tragödie", kommentiert Sheikh Anas Airut vom Nationalrat der syrischen Opposition die Worte des Leiters der arabischen Beobachtermission. Der sudanesische General Mustafa al-Dabi hatte zuvor die Stadt Homs besucht, wo sich Regierungstruppen und Regime-Gegner seit Wochen blutige Gefechte liefern. Besorgniserregendes habe er nicht finden können, resümierte er anschließend. "Wie kann er so etwas sagen", fragt der Sheikh empört und gibt selbst die Antwort: Das Regime von Präsident Baschar al-Assad spiele eben allen etwas vor.
Seit Dienstag reisen verschiedene Delegationen der Arabischen Liga auf der Suche nach Menschenrechtsverletzungen durch Syrien. Am Donnerstag wollten sie mehrere Krisenherde besuchen - darunter Hama, Idlib und Daraa. Mehr als 100 sollen insgesamt besichtigt werden. Dem Ziel, die seit Beginn des Aufstands gegen Assad andauernde Gewalt zu beenden, kommt die Arabische Liga damit aber offensichtlich nicht näher: Mindestens 13 Menschen wurden nach Angaben der Aktivisten bis zum Nachmittag landesweit getötet, die meisten in Homs und Hama. Aber auch am Stadtrand von Damaskus sollen Sicherheitskräfte das Feuer auf Demonstranten eröffnet haben - als eine Delegation der Arabischen Liga in die Gegend kam.
Schüsse im Hintergrund der Beobachtermission
Die erste Station der Friedensmission war am Dienstag die Stadt Homs. Die Opposition befürchtet hier schon seit längerem ein Massaker an den Regimegegnern. Die Beobachter sprachen mit Bewohnern im umkämpften Stadtteil Baba Amro. "Sie haben gesehen, wie Regierungstruppen auf Demonstranten schossen. Sie sahen auch die Toten in einer der Moscheen", empört sich der dortige Aktivist Omar Homsi über das erste Resümee des Missionschefs. Einer der Beobachter habe die Einwohner gefragt, ob sie Brot und Benzin hätten. Sie antworteten: "Heute haben sie uns erlaubt, Brot in den Stadtteil zu bringen, weil ihr da seid."
Im Internet verbreiteten Aktivisten Videos, die Beobachter im Gespräch mit den Bewohnern der drittgrößten Stadt Syriens zeigen, während im Hintergrund Schüsse fallen. Dazu äußerte sich Missionschef al-Dabi aber nicht. Wegen der Medienblockade sind Berichte aus dem Land von unabhängiger Seite nur schwer zu überprüfen.
"Ein kleines Licht am Ende eines langen Tunnels"
Bis Ende Januar soll die Friedensmission andauern. Dafür sollen zum Jahreswechsel zwischen 150 und 200 Beobachter in Syrien sein. Ihre Aufgabe ist es, den Rückzug der Armee aus den Städten und die Freilassung der politischen Gefangenen überwachen. Auch ein Dialog zwischen Regierung und Opposition soll eingeleitet werden.
Der Chef der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London setzt trotz aller Kritik weiter auf die Initiative der Arabischen Liga. "Die Mission ist ein kleines Licht am Ende eines langen, dunklen Tunnels." Und die Beobachter, so sagt er, "sind derzeit unsere einzige Hoffnung".